: Selig sind die Armen
betr.: Das schönste deutsche Wort ist gekürt: „Habseligkeiten“
Man muss das alles einmal wirklich zu Ende denken, um zu sehen: Es ist überaus zynisch, den Ärmsten der Armen mit ihrem Nichts an Besitztum jetzt auch noch Seligkeit in die Schuhe schieben zu wollen. Die haben und empfinden sie mit absoluter Sicherheit nicht, sie sind meist am schwärzesten Ende eines langen Tunnels voller Verzweiflung, Existenzangst und übergroßer Furcht vor fast allem. Da ist nichts von Seligkeit, da ist nur Todesangst.
Man vergesse sie nicht, die auch heute fast täglichen Opfer von Kriegen, Dürren oder Hungersnöten. Sie sehen sich selbst alles andere als „selig“, es ist daher eiskalter Zynismus pur, ihnen den in ihrem Elend vielleicht letzten Ausweg in eine überirdische „Seligkeit“ nun als irdische Eigenschaft anzuheften. Wünscht das Gremium etwa nur, so die beschämenden Reste des eigenen, schlechten Gewissens zu übertölpeln? Aber, weg mit ihrem miesen Wunschdenken: welche Arroganz, Menschen- und Lebensfremdheit spricht aus einem Gremium, diesen armen Kreaturen „Seligkeit“ anzudichten. Eine seelische, ethische und geistige Blamage ersten Ranges ist diese Wahl. […] HORST UHLEN, Lefkas, Griechenland