: Einer geht noch
Kita-Senator Rudolf Lange (FDP) auf Druck von CDU-Bürgermeister Ole von Beust endlich zurückgetreten. Freidemokraten haben trotz Krisenmarathons noch keinen Nachfolger, als Favorit gilt jetzt Parteichef Soltau. Auch Kabinettsumbildung möglich
von SVEN-MICHAEL VEIT
Den Abschied begleiten dürre Worte. „Ich danke Herrn Lange für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit und bedauere, dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist“, ließ Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern Nachmittag in einer nur sechszeiligen Mitteilung wissen. Die allerdings auch die Klarstellung enthält, dass er den Bildungssenator von der FDP um dessen Rücktritt „gebeten“ habe. „Aus politischen Gründen“, erklärte dieser zeitgleich und ebenfalls schriftlich, „habe ich diesem Wunsch entsprochen.“ Damit ist Ole von Beust zur Hälfte der Legislaturperiode der beiden Spitzenkandidaten seiner Koalitionspartner verlustig gegangen. Die Schill-Partei und jetzt auch die FDP müssen ihre zweite Garnitur aufbieten.
Langes Demission war seit Anfang voriger Woche erwartet worden, nachdem er neuerliche Millionendefizite im Kita-Etat einräumen musste (taz berichtete mehrfach). Trotz dieser Chronik eines angekündigten Rücktritts haben die Liberalen noch immer nicht klären können, wer als Nachfolger die Aufräumarbeiten auf den zahlreichen Baustellen Langes leiten soll (siehe Kasten unten). Als Favorit gilt der Hamburger Parteichef Reinhard Soltau, ein 62-jähriger Oberstudienrat. Morgen Abend tagt der FDP-Vorstand, spätestens am nächsten Montag soll ein Sonderparteitag sich ebenfalls mit der Personalie beschäftigen. Die Bestätigung in der Bürgerschaft könnte auf der Sitzung am Mittwoch nächster Woche erfolgen.
Allerdings wird nach taz-Informationen auch eine Kabinettsumbildung nicht ausgeschlossen. Die FDP werde sich weiterhin in der Bildungspolitik engagieren, so Parteisprecher Christian Sommer, „unabhängig von der künftigen Ressortaufteilung im Senat“. Zwar gebe es „nichts Konkretes“, versichert er auf Nachfrage, die Liberalen seien aber „für alles offen und auf alles vorbereitet“. Senatssprecher Christian Schnee ist da wie gewohnt wortkarger: „Wenn es eine Entscheidung gibt, teilen wir es mit.“
Damit erhalten Vermutungen neue Nahrung, das Kita-Ressort könnte der CDU-Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram überantwortet werden. Der kühlen und als unbeirrbar geltenden Sozialpolitikerin trauen in der Koalition nicht wenige zu, im Hinblick auf die nächste Bürgerschaftswahl für Ruhe im Kindergarten sorgen zu können. Dass damit die FDP auf ein reines Schulressort degradiert würde, gilt nicht als Problem. Die Freidemokraten haben nach dem Desaster mit Lange keine Möglichkeit, vollmundige Forderungen zu stellen.
Deshalb halten sich die Beileidsbekundungen aus den eigenen Reihen auch arg im Rahmen der Höflichkeit. Parteichef Soltau zollt Lange „großen Respekt vor der eigenen Entscheidung“, wohlwissend, dass von Beust bei einem Gespräch mit Lange um 8 Uhr im Rathaus dessen Demission verlangte. Der sonst so wortgewandte Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen, dessen Verhältnis zu Lange seit geraumer Zeit als gestört gilt, versicherte Lange seines „großen Respekts“. Fehler räumten einzig die Jungliberalen ein. Die Partei habe ein „katastrophales Krisenmanagement“ demonstriert, so Lars Otto, Chef der Nachwuchs-Liberalen.
Auch den Bündnispartnern kam keine Silbe der Anerkennung über die Lippen. Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf hofft nunmehr „auf einen personellen Neuanfang“, sein CDU-Kollege Michael Feytag sprach doppeldeutig von „einem ehrenwerten Rücktritt, mit dem Lange dem Bürgersenat einen großen Dienst erwiesen“ habe.
Die Opposition aus SPD und GAL nutzte Langes Rücktritt umgehend für weitergehende Forderungen. „Neuwahlen“ müssten her, befand GAL-Parteivorsitzende Anja Hajduk, ihre Fraktionschefin Christa Goetsch will zumindest auch die Entlassung von Bildungs-Staatsrat Reinhard Behrens. Für die SPD erklärten Fraktionschef Walter Zuckerer und Bürgermeister-Kandidat Thomas Mirow, mit Langes Ausscheiden seien die Probleme „nicht gelöst“. Die eigentliche Verantwortung liege bei von Beust, der „viel zu lange untätig zugesehen“ habe.
So ähnlich sieht das auch Rudolf Lange selbst, der künftig als Abgeordneter der Bürgerschaft erhalten bleiben will. Dafür muss Nachrücker Martin Woestmeyer weichen. Ihm sei „kein Verschulden“ bewusst, versicherte Lange. Er habe doch nur „alle wesentlichen Entscheidungen, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, getroffen“.