: Die Linke als Königsmacher in Katalonien
Bei den Regionalwahlen fahren die Nationalisten den siebten Sieg in Folge ein. Eigentlicher Gewinner ist jedoch die für Unabhängigkeit eintretende republikanische Linke Kataloniens. Ohne ihre Beteiligung kommt keine Koalition zustande
MADRID taz ■ Jordi Pujol, in den letzten 23 Jahren Präsident der katalanischen Autonomie, zeigte sich am Sonntagabend zufrieden. Sein Nachfolger Artur Mas hat möglich gemacht, was ihm keiner zutraute. Er errang den siebten Wahlsieg in Folge für Convergència i Unió (CiU). Die nationalistische Formation erzielte mit 30,9 Prozent der Stimmen 46 der 135 Sitze des Autonomieparlaments. Das sind 10 Abgeordnete weniger als 1999, aber noch 4 mehr als die Sozialisten unter dem Exbürgermeister Barcelonas, Pasqual Maragall. Zwar erzielte dessen PSC 31,2 Prozent, doch dank eines Wahlgesetzes, das die ländlichen Regionen gegenüber den Städten bevorzugt, ergibt dies 42 Sitze.
Die eigentlichen Gewinner der Wahlnacht sind die kleinen Parteien. Allen voran die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) unter Josep Luis Carod-Rovira. Seine für ein unabhängiges Katalonien eintretende Formation verdoppelte die Stimmen auf 16,5 Prozent. Künftig sind das 23 Abgeordnete. Auch das Kommunistisch-Grüne Wahlbündnis ICV konnte die Abgeordnetenzahl von 5 auf 9 fast verdoppeln. Und selbst die in Madrid regierende konservative Volkspartei (PP) legte leicht zu. Sie erzielte 11,9 Prozent und zieht mit 15 statt 12 Abgeordneten in die Volksvertretung der Autonomie ein.
Die seit der Rückkehr Spaniens zur Demokratie in der Mittelmeerregion rund um Barcelona regierende CiU wurde von den Wählern für die letzte Legislaturperiode abgestraft. Die Nationalisten hatten auf die Stimmen der konservativen PP gesetzt. Vielen Nationalisten galt dieser Schmusekurs mit Madrid als Verrat. Deshalb wählten sie die radikalere Option, ERC.
Bereits in der Wahlnacht ging das Rechnen los. Möglich sind zwei Regierungskoalitionen, eine rein nationalistische und eine „Mehrheit des Fortschrittes“. Königsmacher bei beiden Optionen ist ERC. Schlössen sich die Linksnationalisten mit CiU zusammen, käme eine solche, nationalistische Koalition auf 69 Abgeordnete. Ein Linksbündnis aus Sozialisten, ERC und ICV käme auf 74. ERC-Chef Josep Lluis Carod-Rovira schweigt bislang. Vor den Wahlen propagierte er eine Regierung der „nationalen Einheit“, in der alle vertreten sein sollten außer der in Madrid regierenden PP. „Wir wollen gegen keinen einen Pakt schließen, weder gegen den Katalanismus noch den Progressismus. Das würde bedeuten, gegen uns selbst zu paktieren“, sagte er in der Wahlnacht.
Doch eine solche Einheitsregierung wird es nicht geben. Weder CiU noch PSC sind dazu bereit. Carod-Rovira wird entscheiden müssen, ob er eher Nationalist oder eher links ist. Am schwersten wiegt das Ergebnis für die Sozialisten. Die PSOE von José Luis Rodriguez Zapatero war auf einen klaren Sieg ihres katalanischen Ablegers PSC angewiesen, um mit etwas Selbstbewusstsein in die Parlamentswahl 2004 zu gehen. Daraus wurde nichts. „Die PSC ist die meistgewählte Partei in Katalonien und die PP ist von Platz drei auf Platz vier abgerutscht“, redet er das Ergebnis schön. Selbstverständlich verliert er kein Wort über die 160.000 Stimmen, die seine Partei verloren hat, während die PP knapp 100.000 dazugewonnen hat. REINER WANDLER