: Watt sie wollen
Das internationale Wattenmeerforum befasst sich vor allem damit, wie die Küstenregion trotz des Naturschutzgebiets entwickelt werden kann
von Gernot Knödler
Die Umweltverbände haben einen schweren Stand im trilateralen Wattenmeerforum (WSF) der drei Anrainer-Länder Niederlande, Deutschland und Dänemark. Keine der neun darin vertretenen Interessengruppen gab so viele Minderheitenvoten zum vorläufigen Bericht des Forums ab wie die Naturschützer – nicht die Bauern, nicht die Fischer und auch nicht die Energieversorger.
Der Bericht ist gestern in Husum der ersten von vier Regionalkonferenzen vorgestellt worden, am 9. November wird er in Aurich der niedersächsichen präsentiert. Die Stellungnahmen der Regionalkonferenzen sollen in den endgültigen Bericht einfließen, der den Regierungen der drei Staaten beim gemeinsamen Wattenmeer-Management helfen soll.
1991 vereinbarten die drei Anrainerländer, dass im Wattenmeer natürliche Prozesse so weit wie möglich ungestört ablaufen können sollen. Das Wattenmeer-Forum wurde auf Drängen der Bewohner und der Wirtschaft der Region gegründet, die einen größeren Einfluss auf die Schutz-Aktivitäten haben wollten. Auf der Wirtschaftsseite habe es das Gefühl gegeben, „dass zwischen dem Naturschutz einerseits und der sozioökonomischen Entwicklung der Region andererseits ein Ungleichgewicht bestand“, heißt es in dem Bericht. Dagegen hätten die Umweltorganisationen moniert, „dass es immer noch wirtschaftliche Entwicklungen gibt, die nicht mit den Schutzzielen des Wattenmeeres übereinstimmen“.
Was bei der Abwägung beider Positionen herausgekommen ist, liest sich an manchen Stellen wie der Wunschzettel der Industrie. Mit einem Vorbehalt der Umweltverbände sind zum Beispiel die Ausführungen zum Straßennetz versehen. Darin wünscht sich das Forum die Verlängerung der A23 von Heide nach Dänemark, die Küstenautobahn A22, eine Elbquerung westlich von Hamburg, den sechsspurigen Ausbau der A1 und und und.
Der Bericht verweist darauf, dass es sich in den kommenden 20 bis 30 Jahren lohnen werde, weitere Öl- und Gasvorkommen im Wattenmeer zu erschließen. Während das Forum anerkennt, dass „befürchtete Risiken von Ölverschmutzungen“ die „weitere Entwicklung der Öl- und Gasindustrie in der Wattenmeerregion“ behindern, äußert es „große Bedenken bei den geplanten Offshore-Windparkanlagen, die neue Überlegungen in Sachen Sicherheit der Schifffahrt erfordern“. Dazu gehöre insbesondere ein übergeordnetes Raumplanungsverfahren für Offshore-Windparks.
Schiffsunfällen sollen die Anrainer-Länder mit einem „strategischen Notschlepper-Konzept“ begegnen. Rund um die Uhr müssten große Schlepper in Bereitschaft liegen, die nach spätestens zwei Stunden ein havariertes Schiff an den Haken nehmen können. Eine Arbeitsgruppe solle Möglichkeiten für eine gemeinsame Küstenwacht untersuchen.
Sorgen macht dem WSF der Klimawandel, der einen steigenden Meeresspiegel und vermehrt Stürme zur Folge habe. Bei einem realistischen Szenario sei mit einem Meeresspiegelanstieg von 25 Zentimetern bis 2050 zu rechnen. Dieser hätte „keine signifikanten Änderungen im Ökosystem“ zur Folge. Die Kosten für den Küstenschutz könnten allerdings um fünf bis 15 Prozent steigen. Im schlimmsten Fall steige der Meeresspiegel bis 2050 um 50 Zentimeter, was das Wattenmeer um 15 Prozent (720 Quadratkilometer) verkleinern und die Kosten für den Küstenschutz verdoppeln würde.