: Japans Rekordkonjunkturspritze
Förderung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen sowie der Solarenergie. Regierung hofft auf bis zu 2 Millionen neue Arbeitsplätze. Vorbild deutsche Abwrackprämie
TOKIO taz ■ Die japanische Regierung hat ihr bisher größtes Konjunkturpaket geschnürt und will die Wirtschaftskrise mit einer grün gefärbten Wachstumsstrategie überwinden. Das Paket umfasst einschließlich Finanz- und Kredithilfen umgerechnet 439 Milliarden Euro. Davon werden 117 Milliarden Euro über einen Nachtragshaushalt finanziert. Dieser Betrag entspricht 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Extraausgaben sollen in den nächsten drei Jahren eine zusätzliche Nachfrage von 300 bis 450 Milliarden Euro erzeugen und 1,4 bis 2 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Dafür muss der Staat für 61 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Die Lücke im Haushalt 2009 steigt auf 333 Milliarden Euro. Der japanische Schuldenberg ist damit bald doppelt so hoch wie das Inlandsprodukt. Wegen der Niedrigzinsen kann sich Japan allerdings günstig verschulden.
Premierminister Taro Aso kündigte die gezielte Förderung von alternativen Energien und Antrieben an. „Es ist unrealistisch, zum alten Wachstumspfad der Exporte zurückzukehren“, erklärte er in Tokio. Bis 2020 soll jedes zweite Auto in Japan umweltfreundlich sein und ein Fünftel der Energie aus alternativen Quellen stammen. Dadurch werde ein Markt von 380 Milliarden Euro entstehen. Wer ein Fahrzeug mit geringen Abgasemissionen kauft, erhält einen Barzuschuss von 760 Euro. Beim Tausch einer über 13 Jahre alten Dreckschleuder gegen ein Ökofahrzeug gibt es einen Zuschuss von 1.900 Euro. Vorbild ist die deutsche Abwrackprämie. Beim Erwerb eines energieeffizienten Haushaltsgeräts werden 5 Prozent des Kaufpreises als Ökopunkte gutgeschrieben, die für andere Waren ausgegeben werden können. Auch Solaranlagen für Privathäuser werden massiv gefördert.
Die Ökovorhaben sollen den Binnenkonsum beleben und die angeschlagene Auto- und Elektronikindustrie ankurbeln, die unter der extrem schwachen Auslandsnachfrage leidet. Der genaue Umfang der Ökoförderung ist noch nicht bekannt. So grün wie der „Green New Deal“ in Südkorea vom Januar, der laut dem Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung eine Ökoquote von 80 Prozent erreichte, ist das japanische Paket wohl nicht. Während die Regierung in Seoul Wasserwege ausbaut, plant Japan die Streckenschließung im Autobahnring der Hauptstadt und die Verlängerung einer Start-und-Lande-Bahn von Tokios Inlandsflughafen Haneda.
Auch soziale Hilfen gehören zum Paket. Mit knapp 15 Milliarden Euro will die Regierung arbeitslosen Zeitarbeitern unter die Arme greifen. In den nächsten drei Jahren werden 300.000 neue Pflegekräfte eingestellt. Haushalte mit Kindern ab drei Jahren erhalten bis zur Einschulung 420 Euro jährlich. Die Opposition kritisierte die Projekte als unerlaubte Beeinflussung der Wähler vor der Parlamentswahl, die spätestens im September stattfinden muss. Mit ihrer Mehrheit im Oberhaus könnte sie das Konjunkturpaket um Monate verzögern. MARTIN FRITZ