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Archiv-Artikel

Apartheidklage gegen Daimler zugelassen

Opfer des ehemaligen Regimes in Südafrika dürfen gegen amerikanische und deutsche Unternehmen klagen, befindet ein US-Gericht. Firmen sollen Rassentrennung unterstützt haben. Menschenrechtler feiern die Entscheidung als großen Erfolg

VON EVA VÖLPEL

Daimler und andere Konzerne müssen sich in den USA einer Sammelklage von tausenden Opfern des südafrikanischen Apartheidregimes stellen. Ein New Yorker Bundesbezirksgericht ließ die Klagen am Mittwochabend zu. Damit müssen sich 15 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung am Kap der Guten Hoffnung neben Daimler das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall sowie die US-Firmen IBM, Ford und General Motors mit ihren guten Beziehungen zu Südafrikas weißen Apartheidregierungen auseinandersetzen und möglicherweise Entschädigungen in Millionenhöhe leisten. Die Kläger werfen den Firmen vor, mit ihren Geschäftspraktiken in den 1970er- und 1980er-Jahren Gewalt und Rassentrennung gefördert zu haben. Der Daimler-Konzern soll zudem willkürliche Hinrichtungen und Folter unterstützt haben.

Michael Hausfeld, Anwalt der Apartheid-Opfer, bezeichnete die New Yorker Entscheidung als einen „großen Fortschritt für das internationale Menschenrecht“. Auch Anne Jung von der deutschen Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, ist „total begeistert“. Sie sieht die jahrelange Unterstützungsarbeit für die südafrikanische Opfervereinigung Khulumani Support Group, die die Entschädigungsklagen vorangetrieben hat, bestätigt.

Es ist bereits der zweite Anlauf von rund 1.000 Apartheid-Opfern, mit einer Sammelklage vor einem US-Gericht auf Grundlage des Alien Tort Claims Act späte Gerechtigkeit zu erfahren. Die jetzige Klage ließ die Richterin allerdings in nur abgespeckter Form zu; statt 22 sehen sich nun 5 Firmen mit ihrer Geschäftspraxis der Vergangenheit konfrontiert, internationale Banken wie die britische Barclays Bank sowie die Commerz-, die Dresdner und die Deutsche Bank wurden von der Klage verschont. „Dabei haben gerade die deutschen Banken entscheidend zur Verlängerung des Apartheidregimes beigetragen“, so Jung. Während sich zur Endphase der Apartheid (1985–1993) ausländische Investoren aufgrund des internationalen Boykotts gegen Südafrika aus dem Land zurückzogen, kannten deutsche Banken und Unternehmen keine Skrupel. 4,27 Milliarden Mark hat nach Angaben von Bundesbank und medico international die Bundesrepublik Deutschland noch zu Zeiten der Wirtschaftssanktionen nach Südafrika exportiert; der größte Teil davon floss in den öffentlichen Sektor des Apartheidstaats. Marjorie Dobson von der Khulumani Support Group kündigte umgehend an, gegen das Verschonen der Banken Widerspruch einzulegen.

Auch Jung sieht den Zug für eine Klage gegen die deutschen Banken nicht abgefahren, „allerdings wird es wohl kaum in den nächsten Jahren dazu kommen, man braucht Geduld“. Ihre Organisation werde sich zudem auch weiterhin dafür einsetzen, dass Südafrika seine von den Apartheidregierungen aufgehäuften Schulden erlassen werden. Die Commerzbank habe sich dazu trotz mehrerer Gespräche bisher nicht bereit gezeigt.

Mit ersten Prozessen nach der neuen Entscheidung des US-Gerichts rechnet Anwalt Hausfeld nicht vor 2011. Han Tjan, Daimler-Sprecher in den USA, meldete sich mit einer eigenwilligen Interpretation der Vorwürfe zu Wort: Die Klage sei unbegründet, man habe schließlich viel getan, um in Afrika zu helfen.