: Strammer Rechtskurs
Bush wirbt um Zustimmung der Kerry-Wähler, aber auf seiner Agenda steht eine durch und durch konservative Politik
AUS WASHINGTON BERND PICKERT
Zwei Tage nach der Wiederwahl George W. Bushs gehen die Spekulationen darüber, wie der US-Präsident seine zweite Amtszeit gestalten wird, munter weiter. Bushs Siegesrede vom Mittwoch gab wenig konkrete Hinweise: Er wolle sich auch das Vertrauen derjenigen erwerben, die für John Kerry gestimmt hatten, sagte Bush – doch die Botschaft vom einigenden Präsidenten hatte er schon im Jahr 2000 verkündet, als er unter bekanntermaßen umstrittenen Umständen zum Präsidenten erklärt worden war und allen Grund gehabt hätte, tatsächlich die überparteiliche Zusammenarbeit zu suchen.
Immerhin einige Punkte auf Bushs Agenda scheinen klar festzustehen: Die Verstetigung seiner umstrittenen Steuerstreichungen, die Abschaffung oder Neugestaltung der bisherigen Bundessteuergesetzgebung, Veränderungen im Gesundheits- und Sozialversicherungssystem, die zumindest nach Einschätzung seiner Gegner zur weiteren Privatisierung dieser Leistungen führen.
Zusammen mit der ebenfalls zu erwartenden weiteren Steigerung des Militärhaushaltes bedeutet das, dem alten republikanischen Traum von einer Bundesregierung, die sich nur noch um Sicherheit und Ordnung kümmert, die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse aber den Marktkräften und der Gesellschaft selbst überlässt, ein Stück näher zu kommen.
Natürlich gibt es offiziell noch keinerlei Stellungnahmen über etwaige Veränderungen in der Regierungsmannschaft – doch wenigstens einige Spekulationen kursieren seit Monaten: Dass etwa Außenminister Colin Powell dem neuen Kabinett noch angehören wird, gilt als eher unwahrscheinlich. Wenn es Bush ernst meinen würde mit dem angekündigten Versuch, auf die Mitte zuzugehen, müsste er auch den für die Misshandlungen von Abu Ghraib zuständigen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld austauschen und den radikalen Justizminister John Ashcroft – doch beides ist kaum zu erwarten. Rumsfelds Rauswurf würde nahe legen, dass er für den Kriegsverlauf abgestraft wird – das will sich Bush nicht leisten. Und John Ashcroft ist eine zentrale Figur der Rechten. Gerade deren Einfluss ist durch die Wahl gestärkt worden.
Tatsächlich dürfte vor allem die Personalpolitik Auskunft über die Frage geben, die in allen Fernsehdiskussionen nach der Wahl erörtert wird: Wird Bush in der zweiten Amtszeit versöhnlicher daherkommen und versuchen, auch die Unterstützung demokratischer Senatoren für langfristig wirkende Vorhaben zu bekommen, oder wird er weiterhin trotz versöhnlicher Rhetorik seine hart konservative Agenda weiterverfolgen? Der entscheidende Anteil, den die christliche Rechte am Wahlsieg des Präsidenten hat, spricht dafür, dass Letzteres der Fall sein wird.
Als ganz sicher kann wohl gelten, dass Bush den Wahlsieg auch als ein Mandat zur Ausweitung des Irakkrieges verstehen wird. Schon steht eine Forderung über weitere 70 Millionen Dollar an den Kongress im Raum – kaum denkbar, dass der Kongress das ablehnt. Auffallend ist allerdings, dass Bush bislang kein Wort darüber verloren hat, wie er das Haushaltsdefizit in den Griff bekommen will. Vielleicht, so spekulieren manche, ist ihm das auch einfach ganz egal.