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Archiv-Artikel

Schwedens Rechtsradikale machen mobil

Die „Schwedische Widerstandsbewegung“ betreibt neuerdings aktive Mitgliederwerbung und ruft zu öffentlichen Veranstaltungen auf. Die Gruppe unterhält enge Kontakte zu dem in der Szene bekannten Hamburger Anwalt Jürgen Rieger

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Schwedens rechtsextreme Szene formiert sich neu. Während die „Schweden-Demokraten“ verstärkt aufs parlamentarische Pferd setzen, sich um mehr Seriosität bemühen und nach dem Einzug in 28 Stadt- und Gemeinderäte bei den letzten Kommunalwahlen nun offenbar ernsthaft die Parlamentswahlen 2006 im Visier haben, versucht die „Schwedische Widerstandsbewegung“ (SMR) versprengte Rechtsradikale einzusammeln. Offensichtlich mit einigem Erfolg.

Diese derzeit aktivste neonazistische Gruppe im Lande unterhält nach Erkenntnissen der antirassistischen Publikation Expo enge Kontakte zum Hamburger Anwalt Jürgen Rieger, den „berüchtigten deutschen Rechtsextremisten und mehrfachen Millionär“ (Expo). Auf das 650 Hektar große Gut „Sveneby Säteri“, das Rieger 1995 in der Nähe der westschwedischen Stadt Skövde kaufte, bzw. in dessen unmittelbare Nähe, sind laut Expo in der letzten Zeit mindestens vier Personen aus dem SMR-Führungskreis gezogen.

Peter Jansson von der Polizei in Skövde bestätigt: „Es ist ganz offensichtlich, dass wir da einen neuen Sammelpunkt bekommen haben. Es gibt auf dem Gut eine Menge unbewohnte Häuser, und wir sehen diese Leute da einziehen.“ Und er befürchtet ein „neonazistisches Nest“.

Regelmäßig werden seit einiger Zeit in den umliegenden Orten Flugblätter und SMR-Publikationen verteilt. Auch in Schulen sind die Werbeaktivitäten gestiegen. Die Organisation hat offenbar eine eigene Druckerei eingerichtet und bemüht sich, ihre Basis zu verbreitern. Am Samstag veranstaltete die „Widerstandsbewegung“ eine Kundgebung in der nahe gelegenen Stadt Vänersborg. Thema: die „Bedrohung“ Schwedens durch eine multikulturelle Gesellschaft. Vor zwei Wochen gab es eine ähnliche Veranstaltung in Göteborg, an der auch TeilnehmerInnen aus Norwegen von der dortigen „Norwegischen Widerstandsbewegung“ auftraten. Die Botschaft der SMR-Auftritte: Die Regierung in Stockholm veranstalte mit ihrer Ausländerpolitik einen „geplanten Volksmord“ am schwedischen Volk.

Während die SMR in den letzten Jahren eine eher geschlossene Gruppe darstellte, die öffentliche Aktivitäten selten ankündigte, fühlt sie sich nun offenbar stark genug dafür. Sie kündigt jetzt ihre Veranstaltungen vorher auf ihrer Internetseite an. Mit der Folge, dass jeweils sowohl Polizei, Medien wie GegendemonstrantInnen aktiviert werden. Die Neonazis vermochten zu den Veranstaltungen jeweils 50 bis 70 TeilnehmerInnen zu mobilisieren, was fast dem Publikum entspricht, das man zuletzt allenfalls einmal jährlich beim mittlerweile eingestellten nationalen Rudolf-Hess-Gedenkmarsch aufweisen konnte.

Die SMR und ihre Jugendorganisation „Nationale Jugend“ (NU) wurde Ende der Neunzigerjahre vor allem von Personen mit einer Vergangenheit im „Weißen Arischen Widerstand“ gegründet. Dies ist der offen antisemitischste Zweig der schwedischen Neonaziszene, die den Kampf gegen die „zionistische Weltverschwörung“ zum Hauptziel hatte, und die Gruppe mit der zumindest verbal größten Terrorbereitschaft.

Die Verbindungen der SMR zu Jürgen Rieger sind unübersehbar. Magnus Söderman, einer der SMR-Frontfiguren, trat sowohl bei den Kundgebungen der letzten beiden Wochen in Schweden als Redner auf als auch an der Spitze einer SMR-Abordnung im Sommer beim letzten Rudolf-Hess-Marsch in Wunsiedel. Organisator und Hauptredner des Marsches war Rieger. Söderman trat als Fahnenträger mit der schwedischen Flagge auf und überbrachte ein Grußwort. Zumindest bis vor einigen Jahren sollen SMR und NU auch noch enge Kontakte mit der NPD unterhalten und an einigen ihrer Veranstaltungen teilgenommen haben.

Rieger und sein schlossähnlicher Gutshof „Sveneby Säteri“ sind bereits wiederholt ins Visier schwedischer Medien und Behörden geraten.