der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… rüstet auf. In einer Zeit, in der die Tröge zur bitteren Neige gehen und für die nahe Zukunft gar nichts mehr zu erwarten ist, beginnt das Hauen und Stechen, und es wird getreten, gespuckt und geschlagen, nach allen Seiten. In einer Zeit, in der Reform nichts weiter beschreibt als das Ende eines gemeinsamen Ganzen, muss jeder sehen, wo er bleibt. Die Homos haben ihren Feind unter den anderen, ebenso Randständigen, ausgemacht: junge Islamisten, jugendliche Türken und Araber, südländisch aussehende Kids von den Straßen der Großstadt. So lange ist es noch gar nicht her, da hörten gerade sie zu den umworbensten Sexualobjekten in den dunklen Ecken der Subkultur, jetzt sollen sie plötzlich die größte Bedrohung darstellen, die den schwulen Männern das Idyll einer befreiten Gesellschaft zerstört.

Prominentestes Beispiel für den neuen Trend in der Hauptstadt ist das „Café PositHiv“ in der traditionellen Heimat der Homo-Gemeinde, dem Szene-Viertel Schöneberg. Das Ladenlokal macht jetzt dicht, zu häufig seien seine Benutzer bedrängt und bedroht worden von eben jenen ausländischen Jungs aus der Nachbarschaft. Einer der Café-Betreiber will sogar den genauen Zeitpunkt für den Beginn der „Homofada“ (tip) ausgemacht haben: der 11. September 2001. Wie viele Trümmer, fragt man sich bei solch plumper Analyse, müssen aus New York herübergeflogen und auf hiesige Köpfe niedergegangen sein?

Just die taz ist es, die das angebliche Tabu bricht und tapfer gegen jede politische Korrektheit die neuen Schuldigen benennt: „Ein hoher Prozentsatz der Gewalt gegen Schwule wird von Menschen aus dem islamischen Kulturkreis verübt.“ Zwar ist das Datenmaterial für diese Behauptung nur dürftig und beruft sich mehr auf den schnellen Augenschein als auf eine reelle Untersuchung. Aber sei’s drum, stammen nicht die Terroristen weltweit und die lokalen Kopftuchträgerinnen auch aus diesem dann doch so fremden Kulturkreis? „Vormoderne“ nennt die taz die Gemütslage derjenigen, die angeblich den Schwulen jetzt aufs Maul hauen, und empfiehlt „zivilisieren“, um sie zur Räson zu bringen. Anders gesprochen: Diese Kanaken sind nichts weiter als Gäste in diesem Land und haben sich gefälligst anzupassen an hiesige Sitten!

In dieser aufgeheizten Stimmung kommt Berlins Monatsblatt für Lesben und Schwule, die Siegessäule, besonders sensibel daher und vergreift sich total im Ton: „Türken raus!“ steht auf dem Oktober-Titel des Blattes. Wollte die Redaktion damit lediglich die türkischstämmigen Lesben und Schwulen zum Coming-out auffordern, so witterten viele Leser eine neue Aufforderung zur Ausländerfeindlichkeit. Vereinzelte Kneipen und Projekte, in denen die Siegessäule zur freien Mitnahme ausliegt, entsorgten vorsorglich die Hefte stapelweise als Altpapier, das Schwulenreferat der FU verkündete einen Boykott des Blattes, und das Internetportal queer.de verlieh den SiS-Machern die gänzlich unbeliebte „Homogurke“.

Rassistische Töne – der homosexuelle Mann geht in Stellung, mit der Dummheit an seiner Seite. Aber das merkt ja keiner, den Zivilisierten der Moderne ist es wurscht, wer da im Abseits wem den Kopf einschlägt. Es wird schon den Richtigen treffen.