: Kinder statt Wunder
Das westfälische Doppel aus Paderborn und Ahlen scheidet im DFB-Pokal gegen die Bundesligaschlusslichter Freiburg und Rostock aus. Paderborner Kinder freuen sich über Schulfrei
AUS WESTFALENROLAND LEROI
Dass sich Verlierer bisweilen wie Gewinner fühlen, kommt recht häufig vor. Zumindest, was den DFB-Pokal betrifft, in dem vermeintliche Außenseiter schon froh sind, wenn sie dem Favoriten einen „heißen Tanz“ bieten können. Am Mittwoch war es wieder soweit. Die Partien SC Paderborn - SC Freiburg und LR Ahlen - Hansa Rostock boten zusammen 240 Minuten Pokalfight und sogar noch ein Elfmeterschießen. Die erhofften Wunder blieben in Westfalen allerdings aus, denn beide Gastgeber verloren ihre Partien: Paderborn mit 3:6, Ahlen mit 2:3.
Guido Spork hatte Spaß. „Wie bei den Bundesjugendspielen“, fühlte sich der SCP-Mittelfeldakteur. Über 3.000 Kinder aus den Paderborner Schulen erhielten mit Sponsoren-Unterstützung freien Eintritt, bekamen ab der fünften Stunde schulfrei und obendrein die Hausaufgaben erlassen – wegen der ungewöhnlichen Anstoßzeit: 14 Uhr. In Paderborn gibt es kein Flutlicht. Beim Regionalligisten herrschte Ausnahmezustand, weil schon der Einzug ins Achtelfinale Vereinsrekord bedeutete. Die Kinder erhielten auch noch einige Tröten und veranstalteten ein Spektakel wie auf Schalke. „Einfach geil, was bei uns ab ging. Die Kids kommen bestimmt alle wieder“, meinte Spork.
Auch Freiburgs Trainer Volker Finke fand das prima. „Mit all den Kindern, die zum Fußball wie die Bratwurst gehören, war es eine vorbildliche Veranstaltung“, sagte Finke, der direkt hinterher schob, dass „ich das nicht sage, weil wir gewonnen haben.“ Das Ergebnis freute Finke aber auch, er hätte nur gerne schon nach der regulären Spielzeit Feierabend gemacht. Freiburg spielte zwar ökonomisch und ging mit der ersten Chance durch Levan Zkitischwili in Führung(45.), doch dann wehrten sich die Gastgeber und erzielten in der 90. Minute durch Alex Löbe den Ausgleich. In der Verlängerung trafen beide Teams jeweils , im Elfmeterschiessen fiel die Entscheidung, weil der Bundesliga-Keeper Richard Golz mit seiner ganzen Routine zwei Mal hielt.
„Schon schade, aber mit so einem Match erhalten wir einen großen Schub für Regionalliga“, tröstete sich Paderborns 2:1-Torschütze Daniel Cartus. Der Aufstieg in die Zweite Liga sei halt wichtiger als der DFB-Pokal. Nach drei tollen Partien (zuvor wurden der HSV und Duisburg bezwungen) wisse man aber, dass man oben mithalten kann. „Und für die Kinder war es ja auch schön“, meinte Cartus bei einbrechender Dämmerung.
85 Kilometer nordwestlich und knapp zwei Stunden später bot Ahlen eine ähnliche Szenerie. Die Schulkinder, die hätten kommen können, waren zwar offenbar schon im Bett, doch auch im Wersestadion zwang der Zweitligist den Bundesligaletzten vor insgesamt nur 5.000 Zuschauern beinahe in die Knie. Rostock war feldüberlegen, Ahlen blieb aber hellwach und rettete ein 2:2 in die Verlängerung. Cyrille Bella hatte nur 40 Sekunden nach seiner Einwechselung in der 86. Minute den Ausgleich erzielt und traf unmittelbar danach den Pfosten. „Das wäre vielleicht ein bisschen glücklich gewesen“, sagte LR-Coach Ingo Peter, den zwar die individuellen Fehler seines Kapitäns Daniel Felgenhauer ärgerten, der aber „gute Ansätze gegen eine bessere Mannschaft“ sah. In der Verlängerung gelang Magnus Arvidsson der Rostocker Siegtreffer. Das zweite Elfmeterschießen in Westfalen fiel aus. „Schade, aber die Liga ist auch für uns wichtiger“, präsentierte sich LR-Verteidiger Marko Tredup trotz Niederlage gut gelaunt.
Juri Schlünz schien das nicht weiter zu interessieren. Der Trainer von Hansa Rostock, über dessen Arbeitsplatz wegen der prekären Tabellen-Situation recht häufig diskutiert wird, war nach dem Match vielmehr damit beschäftigt, ein Kamerateam des NDR zusammenzufalten. Er könne es nicht mehr haben, die Kameras zur Nahaufnahme ins Gesicht gehalten zu bekommen und sei das „Gesabbel und Gegeifere satt“, keifte Schlünz, um dann die Kabinentür mit einem lauten Knall ins Schloss zu schmeißen. Der Gewinner Schlünz wirkte bei diesen Szenen wie ein Verlierer.