: Kritik an neuer EU-Asylrichtlinie
UN-Flüchtlingshochkommissar Ruud Lubbers und amnesty international sind besorgt über „Drittstaaten“-Regelung und Abschiebung vor Berufungsentscheid
GENF/BRÜSSEL dpa ■ Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ist über eine geplante EU-Richtlinie für Asylverfahren besorgt. Der Entwurf laufe auf eine Verschlechterung bestehender Standards hinaus, mahnte UN-Flüchtlingshochkommissar Ruud Lubbers gestern in Genf. „Falls dieser Prozess fortgesetzt wird, fürchte ich, dass diese Richtlinie auf einen Katalog unverbindlicher Vorschriften reduziert wird“, schrieb Lubbers an den EU-Ratsvorsitzenden und italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Ähnlich äußerte sich die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai).
Das UNHCR warnte, dass Asylsuchende nach dem Entwurf in Länder mit unzulänglichen Garantien für ihren Schutz geschickt werden können. Auch sei eine Zwangsabschiebung möglich, bevor über eine Berufung gegen einen solchen Beschluss entschieden sei. Und Asylsuchenden, die über ein so genanntes sicheres Drittland kommen, könne der Zugang zu einem Asylverfahren oder gar die Einreise verweigert werden. „Das Konzept ‚sicherer Drittstaat‘ und die Grenzverfahren (…) werden dazu dienen, die Last von den EU-Mitgliedstaaten auf weiter entfernte Länder abzuwälzen“, schrieb Lubbers.
„Die nationalen Regierungen scheinen einen Wettbewerb begonnen zu haben, wer die Standards zum Flüchtlingsschutz als Antwort auf populistischen Druck am weitesten senken kann“, kritisierte amnesty international. Die Organisation unterstützt ausdrücklich Lubbers’ Kritik an den Plänen. Die EU-Innenminister treffen sich am Donnerstag in Brüssel, um über gemeinsame Regeln für Asylverfahren zu beraten. Ein Sprecher der EU-Kommission betonte gestern, die Brüsseler Behörde werde keinen Beschluss mittragen, der gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder die Menschenrechte verstoße.