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Archiv-Artikel

Eine runde Sache

Insgesamt vier Wassertürme in Hamburg werden als Wohnraum genutzt. Ein exklusives Vergnügen:Umbau und Unterhalt kommen in der Regel teurer als ein vergleichbarer Neubau

von Tonio Postel

Wenn Hans Detlefsen seine Haustür in Bergedorf aufschließt, staunen die Passanten: Detlefsen nennt einen 102-jährigen Wasserturm sein Zuhause. Der diente bis 1970 noch der Bergedorfer Wasserversorgung, dann wurde er, weil sein Speichervolumen dem gestiegenen Bedarf nicht mehr gerecht wurde, vom Netz genommen. 1983 erwarb der damals 24-Jährige den unter Denkmalschutz stehenden Bau für 40.000 Mark von den Wasserwerken.

Umgerechnet 500.000 Euro hat Detlefsen inzwischen in sein 31 Meter hohes Domizil investiert. Hat Strom-, Wasser- und Heizungsleitungen gelegt, Fenster gebrochen und den stählernen Wassertank begeh- und bewohnbar gemacht. Fünf Wohnräume, eine Küche, zwei Bäder und eine kleine Sauna im Keller sind so auf fünf Etagen entstanden.

Wer Detlefsen in seinem Heim besucht, sieht rund. Halbrund ist die geräumige helle Küche im Parterre, halbrund sind die hohen Wohnräume in den Stockwerken darüber, durch die sich eine, natürlich runde, Steintreppe zieht. Der ehemalige Tank teilt sich in zwei Zimmer, die halbrunden Wände sind mit Dämmmaterial und Rigips verkleidet, zwölf Fenster sorgen für Rundumbeleuchtung. Eine schmale Wendeltreppe aus Metall führt weiter in das kuppelförmige Dachgeschoss, und durch eine Luke gelangt man auf eine Aussichtsplattform, die einen Rundblick über die Dächer und Wälder Bergedorfs bietet.

„Wenn es stürmt, schwankt der Turm, das ist gewöhnungsbedürftig“, sagt Detlefsen über sein 280 Quadratmeter umfassendes Domizil, das er nach seiner Scheidung vor zwei Jahren alleine bewohnt. Auch die hohen Heizkosten der bis zu 6,50 Meter hohen Räume sind ein Problem. „In dem Voll-Mauerwerk gibt es keine isolierende Luftschicht, bis es warm ist, braucht es einen halben Tag.“ Für die Wohn-Genehmigung musste der Turmbesitzer Brandschutzauflagen erfüllen: Jede Etage ist durch Stahltüren abgesichert, die Fenster dienen als Notausstieg zur Feuerleiter, und im ehemaligen Wasserkessel gibt es einen Rauch-Abzug.

Insgesamt vier Wassertürme sind heute expliziter Wohnraum: Die Türme in Lokstedt, Bergedorf und Bahrenfeld werden als Einfamilienhaus genutzt, der in Stellingen beherbergt auf elf Etagen teure Eigentumswohnungen. Ein exklusives Vergnügen. „Die Restauration und der Ausbau sind irrsinnig teuer und aufwendig, das machen nur Liebhaber“, sagt Jens Schmidt, Autor des Buches „Wassertürme in Hamburg“ und von Kindheit an Liebhaber der alten Wasserspeicher. „Das kostet mehr, als sich ein eigenes Haus mit der gleichen Fläche zu bauen.“ Deshalb sieht die Stadt von einer öffentlichen Nutzung der Bauwerke ab und bevorzugt den privaten Ausbau, was Volker Konerding vom Denkmalamt bestätigt. „Ideen zur Nutzung gab es genug, aber kein Geld.“ Ausnahmen bestätigen die Regel: Der Eimsbütteler Turm wurde zum Kulturzentrum ausgebaut, im Turm im Winterhuder Stadtpark ein Planetarium eingerichtet.

Zuschüsse vom Denkmalamt können laut Sprecher Christian Seyfert nur die fünf unter Schutz stehenden Wassertürme an der Sternschanze, in Lokstedt, Rothenburgsort, Winterhude und Bergedorf erwarten. Aber auch nur unter Vorbehalt: Geld gibt es nur für Arbeiten, die von außen sichtbar sind. Den veritablen Wasserschaden, der derzeit in Detlefsens Küche für bräunliche Verfärbungen an der weißen Wand und muffigen Geruch verantwortlich ist, muss der Hausherr deshalb mit eigenen Mitteln beseitigen. Auch wenn er vermutet, dass das Mauerwerk aufgrund des fehlenden Drucks im heute leeren Wassertank nachgibt und das Wasser so eindringen kann.

Andere Eigentümlichkeiten, etwa die 170 Treppenstufen bis unter das Dach, sind für Detlefsen da leichter zu ertragen: „Viele gehen dafür ins Fitnessstudio.“