: Gegner der Wehrpflicht: Winfried Nachtwei
Seit 1994 vertritt „Winni“ Nachtwei die Münsteraner Grünen im Bundestag. Mit der Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee könnte der verteidigungspolitische Sprecher seinen größten Erfolg feiern – doch die SPD entscheidet
Seine Wehrpflicht hat er in den sechziger Jahren erfüllt. Jetzt könnte die Abschaffung des militärischen Zwangsdienstes, die Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee einer der größten politischen Erfolge von Winfried Nachtwei werden: Mit Unterstützung der grünen Partei- und Fraktionsführung macht sich der 58-Jährige für einen „freiwilligen und flexiblen Kurzdienst von 12 bis 24 Monaten“ stark, der auch Frauen offen stehen soll.
Nachtweis Argument ist die „Wehrgerechtigkeit“ – und der Umbau der im kalten Krieg zur Verteidigung der Bundesrepublik gegründeten Bundeswehr zu einer weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee. Künftig würden von rund 415.000 wehrpflichtigen Männern nur noch 13 Prozent eingezogen, klagt der Lehrer, in den achtziger Jahren Aktivist der Friedensbewegung. Eine Beibehaltung der Wehrpflicht sei deshalb „außerhalb jeder Realität“, machte sich Nachtwei vor einer Woche bei der Vorstellung des grünen Positionspapiers stark.
Der Zeitpunkt der Präsentation war gut gewählt: Gestern diskutierten die Sozialdemokraten im Berliner Willy-Brandt-Haus über die Zukunft der Streitkräfte. Während sich Verteidigungsexperten der SPD, allen voran der verantwortliche Minister Peter Struck, gegen eine Freiwilligenarmee aussprachen, bekräftigten Parteilinke und Jusos ihre Ablehnung der Wehrpflicht: Das „Bundeswehr-Lotto“, das nur wenige treffe, sei längst nicht mehr hinnehmbar.
Nachtweis Engagement trifft nicht nur die Parteilinie – es ist auch biographisch konsequent: Der Studienrat, der von 1977 bis 1994 am Dülmener Clemens-Brentano-Gymnasium Geschichte und Sozialwissenschaften unterrichtete, engagiert sich im Forum sozialer Friedensdienst, im Bund für Soziale Verteidigung, in verschiedenen Friedensinitiativen. Das Gründungsmitglied der Münsteraner Grünen setzt auf Diplomatie: Die UN will Nachtwei schon in der Frühphase sich entwickelnder Konflikte einsetzen.
Die Abschaffung der Wehrpflicht aber liegt nicht in seiner Hand. Dazu müsste das Grundgesetz mit Zweidrittelmehrheit und Zustimmung der CDU geändert werden. Bundeskanzler Schröder, der als Anhänger der Wehrpflicht gilt, hat sich noch nicht geäußert – und wird es wohl erst tun, sollte die SPD im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl in den Umfragen hinten liegen. ANDREAS WYPUTTA
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