Eichel drohen neue Haushaltslöcher

BERLIN taz/ap ■ Finanzminister Hans Eichel (SPD) drohen neue Steuerausfälle. Die Koalition befürchtet, dass einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur grenzüberschreitenden Verlustrechnung bei der Unternehmensbesteuerung stattgegeben wird.

In dem Verfahren geht es um eine Klage der britischen Bekleidungskette Marks&Spencer. Das Unternehmen möchte Verluste eines deutschen Tochterunternehmens mit Gewinnen in Großbritannien verrechnen. Führende Koalitionspolitiker und Wirtschaftsexperten gehen offenbar davon aus, dass der EuGH der Klage stattgeben wird – schlimmstenfalls sogar rückwirkend. In diesem Fall könnten künftig auch deutsche Unternehmen die Verluste ihrer ausländischen Töchter im Inland verrechnen. Eine Entscheidung des Gerichts wird für Sommer 2005 erwartet.

Zusätzlich hat Minister Eichel noch mit weiteren Haushaltsrisiken zu kämpfen. So stieg gestern der Euro auf einen neuen Höchststand. In London wurde die Gemeinschaftswährung mit 1,3036 Dollar notiert. Händler verwiesen als Grund für den weiteren Anstieg auf Besorgnisse wegen des großen Haushaltsdefizits der US-Wirtschaft. Ein starker Euro schadet der Exportwirtschaft und wirkt als Konjunkturbremse.

Auch die weiterhin hohen Energiepreise machen Eichel zu schaffen. Die bremsen die Nachfrage und spülen weniger Steuergelder in die Kassen. „Das Problem ist, dass es sich bei Energiesteuern um Mengensteuern handelt“, sagte Ralph Brügelmann vom Institut der deutschen Wirtschaft der taz. Es werde jeweils der Liter Benzin oder die Kilowattstunde Strom besteuert. Die Steuereinnahmen aus Energie seien deshalb sehr von den aktuellen Preisen abhängig.

Trotz der drohenden Steuerverluste hielt Eichel gestern dem Vernehmen nach an einer Defizitquote von 2,9 Prozent fest. Die Wirtschaftsweisen rechnen mit einem Staatsdefizit von 3,5 Prozent. PHILIPP DUDEK