: berliner szenen Am Winterfeldtplatz
Von 23 bis 24 Uhr
Auch wenn man selbst sich dafür entschieden hat, das jetzt ganz sachlich anzugehen: zugleich stellt man sich ja heimlich vor, dass sich dann zumindest der Winterfeldtplatz zum Abschied etwas Besonderes einfallen lässt. Tat er aber nicht; was will man auch erwarten bei so einem Berliner Arschloch-Novemberwetter wie am vergangenen Dienstag?
Immerhin, Material, um das Thema des Abschiednehmens zu umkreisen, gab es in Hülle und Fülle. Beim Chinesen wurden gerade die Stühle hochgestellt. Aus der Nachtbar in der Maaßenstraße kamen drei junge Frauen, als ich mich vorm Nieselregen unterstellte; umständlich berieten sie die besten Wege, nach Hause zu kommen. Dazu die verrottenden Blätter überall. Und als ich mich um 23.30 Uhr, von der Nässe genervt, ins Tim’s setzen wollte, hatte man, wie ein Kellner Gläser wienernd meinte, die „letzte Runde bereits gehabt“. Also: Let’s call it a day, wie Herr R. um diese Zeit zu sagen pflegt. Schluss. Aus. Aus. Aus. Und von nun an nie wieder mit einem schwarzen Notizbuch in der Hand über den Platz schleichen!
Neben solchen Abschiedshandlungen waren zu dieser Stunde aber auch Zeichen des Weitermachens und des Neuanfangs zu registrieren. Fröhliche Stimmen aus dem Greendoor verrieten, dass da noch eine ganze Weile weitergemacht werden wird. Und bei dem neuen Kleidungsgeschäft D&S wurde so spät noch rumdekoriert. Was vorher in dem Laden war, habe ich schon vergessen. Wahrscheinlich ein anderes Kleidungsgeschäft. Da haben wir ihn also, den ständigen Wechsel des Lebens zwischen Werden und Vergehen.
Ach, eins noch. Gerne hätte ich den reniltalF-Krankenwagen noch einmal gesehen, so wie damals im Mai. Aber er kam nie wieder. DIRK KNIPPHALS