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Archiv-Artikel

Eisiges Spektakel

Modellieren mit der Kettensäge, Kleben mit dem Bügeleisen: In Lübeck entsteht derzeit Deutschlands erstes Eis- und Schneeskulpturenfestival „Ice World“

lübeck lno ■ Den ganzen Tag lang schnitzt Martin Tedder bei minus acht Grad Celsius Sonne, Mond und Sterne. Aus Schnee. Dabei trägt er weder Mütze noch Schal und war, wie er stolz verkündet, noch nie erkältet. Der 28-jährige Holländer ist einer von 35 Künstlern, die derzeit in Lübeck das erste deutsche Eis- und Schneeskulpturenfestival vorbereiten: die „Ice World“ zum Thema „Die Bibel“.

Aus einem Schneeblock lässt Tedder einen Teil der Schöpfungsgeschichte werden: die Erschaffung der Gestirne. Mit einer Säge modelliert der Architekturstudent aus Delft die Umrisse der Sonnenstrahlen. Dann greift er zu Spachteln, Messern und Raspeln, um Details herauszuarbeiten: „Hier wird ein Engel sitzen und eine Hand voll Sterne an den Himmel streuen.“

Am anderen Ende des großen Thermozelts kniet Thomas Barlow auf einer Gummimatte und lässt ein heißes Bügeleisen über eine Eisplatte gleiten. In Sekundenschnelle beginnt die Eisoberfläche zu schmelzen. Als das Wasser rinnt, presst Barlow eine zweite Eisplatte etwas versetzt darauf. Die Kälte lässt das angetaute Eis sofort wieder erstarren – es hält! Er greift zur Kettensäge und schneidet eine neue Scheibe Eis ab. Und wieder tritt das Bügeleisen in Aktion – der Strahlenbogen, der die große Himmelspforte schmücken soll, wächst langsam, aber sicher.

„So fünf bis sechs Tage werde ich für den Bogen brauchen“, schätzt Barlow. Eigentlich ist der 38-Jährige aus Denver/Colorado gelernter Koch und Konditor. „Für Gala-Büffets habe ich häufiger Eisskulpturen gemacht“, erzählt er: „Irgendwann wollte ich mal was Größeres machen.“

140 Eisblöcke – insgesamt 350.000 Kilo – und 200.000 Kilo Schnee werden für die „Ice World“ verarbeitet. „Der Kontrast zum kompakten Schnee lässt die filigranen Eisskulpturen erst so richtig zur Geltung kommen“, sagt Angelique Werner von der holländischen Firma, die für die technische und künstlerische Realisation des eisigen Spektakels zuständig ist. Doch mit solchen Eindrücken fürs Auge soll es nicht getan sein. „Wir machen auch Festivals in Eindhoven und Brügge“, so Werner. „Aber das Lübecker wird das schönste. Ein richtiges Gesamtkunstwerk.“ eva-maria mester

Die „Ice World“ ist vom 12. Dezember bis zum 25. Januar täglich von 10-21 Uhr vor dem Holstentor in Lübeck geöffnet. Infos: www.iceworld.de