: „Einfach eklig“
Blumenthal: Anwohner klagen über Gestank von Verbrennungsanlage auf Wollkämmereigelände. Morgen werden ihre Einwände erörtert
Bremen taz ■ „So langsam haben wir mehr Angst vor dem, was wir nicht riechen“, sagt eine Blumenthalerin. Damit bringt sie auf den Punkt, was hier viele fühlen: Nach nasser Wolle habe es in Blumenthal immer schon gerochen, das kenne jeder, sagt die Frau. Aber seit ein paar Jahren sei aus dem Geruch Gestank geworden, nach Chemie und nach Verbranntem: „einfach eklig“. Jetzt haben sie es schwarz auf weiß: Die Firma BREWA, die auf dem Gelände der Bremer Wollkämmerei (BWK) eine Eindampf- und Feuerungsanlage (EFA) betreibt, verarbeitet schon lang nicht mehr nur Wollwaschwasser.
Was in der EFA so alles verdampft und verbrannt wird, kam erst ans Licht, nachdem die BREWA Antrag auf „die Verfeuerung von flüssigen Abfällen, ohne vorheriges Eindampfen“ gestellt hatte, was im Sinne des Immissionsschutzgesetzes eine „wesentliche Änderung“ bedeutet. Das wiederum heißt, dass die Öffentlichkeit beteiligt werden muss – und die ist entsetzt. Denn letztendlich soll nicht mehr nur Wollwaschwasser, sondern Deponiesickerwasser oder Spülwasser aus der kosmetischen Industrie verfeuert werden.
Schon seit 1997 entsorge die BREWA nicht mehr nur das Wollwaschwasser, sondern auch Abfälle fremder Firmen, sagt ihr Geschäftsführer Günter Timmer. Seit zwei Jahren laufe ein Probebetrieb, bei dem die Zusammensetzung der Abfälle variiert und messtechnisch überprüft werde – jetzt will man die Genehmigung für den Dauerbetrieb. Man habe 1997 keine Genehmigung gebraucht, weil „die Kapazität nicht erhöht wurde“, so Timmer. Daraus folgt: Die BREWA wolle, so Timmer, den Betrieb nicht erweitern, wie es in Blumenthal immer wieder falsch dargestellt werde. Die BürgerInnen aber fühlen sich übergangen– die BREWA haben sie zu ihrem Feind erkoren.
Daran konnten Günter Timmer und der Vertreter von Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) auch bei einer Einwohnerversammlung vor zwei Wochen nichts ändern: Ihre Beteuerung, alles werde nach Recht und Gesetz geprüft und alle Grenzwerte eingehalten, beruhigte die Menschen wenig. Sie bombardierten das Gewerbeaufsichtsamt mit Einwänden, sodass der Erörterungstermin um zwei Wochen verschoben werden musste. Morgen nun werden im Saal der Evangelischen Reformierten Kirche die Argumente erörtert, das allerdings morgens um 10 Uhr – „Unverschämtheit“, sagen dazu berufstätige Einwender.
Auch vom Beirat sind viele enttäuscht: „Die machen den Mund nicht auf“, sagt eine Blumenthalerin. Beiratssprecher Wolfgang Dettmer (SPD) erklärte, er wolle auf das Urteil der Behörde warten. Von der „überdimensionalen Hektik der Grünen“ werde er sich nicht beeinflussen lassen. Wenn die Gewerbeaufsicht zu einem positiven Urteil über den Betrieb komme, könne er gut damit leben, so Dettmer.
Das will die Umweltexpertin der Bremer Grünen, Karin Mathes, auf keinen Fall: „Das Verfahren weist Defizite auf“, so Mathes. Da sich die EFA in der Nähe von Kindergärten, Schulen, einem Krankenhaus sowie bei einem Wasserschutzgebiet befinde, müsse man zusätzliche Prognosen anfordern.
Leicht werden die Blumenthaler nicht zu überzeugen sein. Sie fürchten um ihren Stadtteil. „Am Ende“, sagt ein Blumenthaler mit Anspielung auf die Bäderschließung, „ist Blumenthal der Ort mit zwei Müllverbrennungsanlagen, aber ohne Freibad.“
christiane moser