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Gas von der Müllhalde bringt bares Geld

Ein Projekt bei Rio de Janeiro entspricht als Erstes dem Clean Development Mechanism des Kioto-Protokolls. Die Klimaschutzmaßnahmen dort könnten durch den im Januar startenden Emissionshandel auch ein gutes Geschäft sein

BERLIN taz ■ Weniger Autofahren, Licht ausknipsen – Klimaschutz muss nicht teuer sein. Bei größeren Projekten muss aber meist mehr Geld investiert werden. Ökonomen fordern darum Klimaschutzinvestitionen möglichst in Entwicklungsländern, wo einfachere Lösungen möglich sind.

Diesem Gedanken folgt der so genannte Clean Development Mechanism (CDM) des Kioto-Protokolls. Gestern wurde ein niederländisch-brasilianisches Vorhaben zur Zerstörung von Deponiegas beim zuständigen Exekutivrat der UN-Klimarahmenkonvention als weltweit erstes CDM-Projekt registriert. Nova Iguaçú ist ein Vorort von Rio de Janeiro mit rund 800.000 Einwohnern. Die zwei Deponien des Ortes wurden bis vor kurzem so betrieben, wie fast alle Müllkippen Brasiliens: Giftiges Sickerwasser verschwand im Untergrund; bei der Verrottung entstehende Deponiegase stiegen in die Atmosphäre.

Nun soll das Sickerwasser gereinigt und das anfallende klimaschädliche Methan verbrannt werden. Letzteres bringt den Investoren zweifach Geld: Methan dient als Brennstoff für ein Kraftwerk. Das soll künftig den Strombedarf der Deponien decken, der Überschuss kann verkauft werden. Zudem ist die Deponiegasverbrennung die globale Premiere für den CDM-Mechanismus, bei dem die Investoren für Klimagasreduktionen handelbare Zertifikate erhalten, die sie verkaufen können. Interessenten wären im ab Januar startenden europäischen Emissionshandelsmarkt zu finden.

Methan hat in der Atmosphäre einen 21-mal höheren Wärmetrieb als Kohlendioxid (CO2). Deshalb entsprechen die jährlich bei Nova Iguaçú zerstörten 31.900 Tonnen Methan zirka 670.000 Tonnen verhinderten CO2-Emissionen. Über die Projektlaufzeit von 21 Jahren können damit die Projektparteien – die bei der Weltbank angesiedelte Netherlands Clean Development Facility und das brasilianische Konsortium NovaGerar – Zertifikate für zirka 14 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e) einfahren. Gegenwärtig schwankt der Handelspreis für eine Tonne CO2e zwischen fünf und acht Euro. Das Deponiegasprojekt wäre ein gutes Geschäft.

Ein noch weitaus größerer Deal liegt gegenwärtig auf Eis: Vor zwei Wochen wurde die Registrierung eines Projektes im indischen Ranjitnagar vom CDM-Exekutivrat in letzter Minute ausgesetzt. In der dortigen Fabrik entweicht bei der Produktion des Kältemittels HCFC-22 ein unerwünschtes Nebenprodukt, das als einer der extremsten Klimakiller gilt: Trifluormethan, auch HFC-23 genannt. Es hat die verheerende Eigenschaft, 1.700-mal klimaschädlicher zu sein, als dieselbe Menge Kohlendioxid.

Ein internationales Firmenkonsortium wollte nun das Trifluormethan künftig verbrennen und dafür Emissionszertifikate kassieren. Lambert Schneider vom Ökoinstitut befürchtet hier ein grandioses Geschäft mit absurden Wirkungen: Den geringen Verbrennungskosten von HFC-23 stehen hohe Einnahmen aus dem Zertifikatsverkauf gegenüber. Das macht nach einer Modellrechnung rund 40 Euro Reingewinn je produzierter Tonne Kältegas. „Die Anlagenbetreiber verdienen am Ende so viel, dass sie die gesamte Produktion verschenken könnten und trotzdem Profit machen würden“, so der Wissenschaftler. Uwe Witt

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