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Archiv-Artikel

Sie war schon einmal überfordert

Gerda Hasselfeldt ist Seehofers wahrscheinliche Nachfolgerin. Als Gesundheitsministerin tat sie nichts

BERLIN taz ■ Kaum jemand konnte sich gestern vorstellen, dass Horst Seehofer jemals zum Thema Gesundheit den Mund halten werde. Gesundheitspolitik ohne Seehofer – das kommt Liebhabern dieses schwer überschaubaren Bereichs vor wie Disneyland ohne Mickymaus.

Nachdem jedoch geklärt war, dass Seehofer künftig zur Gesundheit schweigen soll, machte schnell ein Name die Runde: Gerda Hasselfeldt. Der Charme dieser Lösung: Sie gehört – wie Seehofer – zu den zehn Stellvertretern von Fraktionschefin Angela Merkel. Sie könnte mit Seehofer einfach die Zuständigkeit tauschen: Er übernähme dann Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Oder er behielte die Rente, und sie nähme die Gesundheit dazu.

Hasselfeldt war auch schon einmal Gesundheitsministerin – 1991 bis 1992, als Seehofer dann übernahm. Doch ob seine Vorgängerin nun auch seine Nachfolgerin im Amt wird, war gestern zunächst unklar. Eine Entscheidung, hieß es, solle erst nach Angela Merkels Auftritt auf dem CSU-Parteitag in München fallen. Immerhin gebe es andere Kandidaten der CSU, die sich in der Gesundheitspolitik profiliert hätten, etwa den Abgeordneten Wolfgang Zöller.

Hasselfeldt dagegen ist in ihren wenigen Monaten im Amt der Gesundheitsministerin durch zweierlei aufgefallen: Überforderung und Nichtstun. Der damalige wie heutige gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Kirschner, sagte gestern zur taz: „Da kam null.“ Überlegte kurz und setzte nach: „Null, null, null.“ Sie habe sich trotz steigender Kassenbeiträge – auch Anfang der 90er schon aktuell – weder mit den Ärzten und Apothekern noch etwa mit der Pharmaindustrie angelegt.

Dies übernahm sofort nach Amtsantritt Seehofer, der binnen weniger Monate mit der SPD zusammen ein für damalige Verhältnisse gigantisches Sparpaket auf den Tisch legte. Es hieß nach dem Ort der Aushandlung „Lahnstein“. Erst mit dem „späten“ Seehofer konnten sich die Kostentreiber im Gesundheitswesen wieder versöhnen, nachdem er ab Mitte der 90er-Jahre die Deckel von den Ausgabentöpfen wieder lupfte.

Nun wurde Hasselfeldt Anfang 1991 allerdings auch vom Kanzler Helmut Kohl mit der Maßgabe auf den Posten gehoben, den Gesundheitsbetrieb ruhig zu halten. Wie absurd ein solcher Auftrag ist, wird die heutige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bestätigen. Immerhin aber hätte die Volkswirtschaftlerin Hasselfeldt später im Finanzausschuss des Bundestags oder seit 2002 im Fraktionsvorstand als Zuständige für Landwirtschaft und Verbraucherschutz Durchsetzungsfähigkeit lernen können. Dies war nicht der Fall.

Eine andere der 1991 von Kohl berufenen Ministerinnen, denen zunächst Inkompetenz und Unscheinbarkeit nachgesagt wurde, hat immerhin mittlerweile Karriere gemacht: Angela Merkel.

ULRIKE WINKELMANN