: Streit über Atomenergie bei RWE-Aktionärsversammlung
STROMKONZERN Aufsichtsratschef Fischer tritt zurück – zur Freude von Umweltschützern. Sogar Großinvestoren äußern sich kritisch über strammen Atomkurs des Vorstandsvorsitzenden Großmann
ESSEN taz | Protestaktionen vor, Erfolge bei der Hauptversammlung des Atomstromkonzerns RWE: Umweltschützer von Greenpeace, Urgewald, Campact und Attac haben am Mittwoch zusammen mit Anti-Atom-Initiativen und Vertretern von Grünen und Linken vor und in der Essener Grugahalle Druck für einen Kurswechsel des Energieriesen gemacht. RWE arbeite an einem grünen Image, setze faktisch aber weiter auf Atomkraft und klimaschädliche Kohlekraftwerke, sagte Heffa Schücking, Vorsitzende der Organisation Urgewald.
Die Umweltschützer können nun den Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Fischer als Erfolg verbuchen. Zwar begründete der ursprünglich bis 2011 bestellte Fischer seinen Abgang offiziell mit seiner „persönlichen Lebensplanung“. Insider aber berichten von massivem Streit im Kontrollgremium: Vertreter kommunaler Aktionäre wie der Dortmunder SPD-Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer oder seine Mülheimer Parteifreundin Dagmar Mühlenfeld fürchten im NRW-Kommunalwahlkampf Anti-Atom-Proteste vor ihren Rathäusern.
Sogar der Rücktritt von RWE-Chef Jürgen Großmann sei im Aufsichtsrat gefordert worden, ist in Essen zu hören: Der Manager, der in Bulgarien beim Bau des Atomkraftwerks Belene und in Rumänien beim AKW Cernavoda dabei sein will, obwohl beide Reaktorblöcke in einem Erdbebengebiet liegen, gilt wegen seines Atomkurses zunehmend als untragbar.
Selbst vor seinen Investoren konnten Umweltschützer Großmann scharf angehen – durch Aktienübertragung hatten sie bei Versammlung Rederecht. „RWE-Investitionen in Kohlekraftwerke sind Investitionsruinen“, sagte Sven Giegold, Attac-Mitgründer und grüner Kandidat für das EU-Parlament.
Angekommen ist die Botschaft mittlerweile sogar bei institutionellen Investoren. Die RWE-Kraftwerke seien ineffizient, die Beteiligung am AKW Belene imageschädlich, sagte ein Sprecher der Fondsgesellschaft Union Investment zu RWE-Vorstandschef Großmann: „Wie können Sie es zulassen, dass RWE im Zusammenhang mit dieser tickenden Zeitbombe überhaupt genannt wird?“
ANDREAS WYPUTTA