: Gesünder durch Schwarzarbeit
VORTRAG Arbeitslosigkeit macht krank. Psychotherapeut Hans Schindler kann zur aktuellen Lage aber nichts sagen: Seit Hartz kaum Forschung zum Thema
Das Bremer Bündnis gegen Depression informiert seit Januar 2007 zur „Volkskrankheit Depression“. Neben Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Depression ist es Ziel des Bündnisses über Beratungs- und Therapiemöglichkeiten aufzuklären. In diesem Kontext organisiert es Veranstaltungen unter dem Titel „Depression hat viele Gesichter“.
Der Verein Solidarische Hilfe ist ein sozialpolitischer Interessenverband, der Menschen mit geringen Einkommen, Sozialhilfeempfänger und Erwerbslose berät und unterstützt. TAZ
Mit dem Eintritt in die Arbeitslosigkeit geht mehr als nur eine Einkommensquelle verloren. Sinnstiftung, soziale Integration und Regelung des Tagesablaufes sind Beispiele positiver Auswirkungen von Arbeit. Diese kämen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes abhanden. An ihre Stelle träten dann Frustration, Existenzsorgen und oft auch Scham. Diese Kombination wirkt sich auf die Gesundheit aus, so der Psychotherapeut Hans Schindler am Mittwochabend im Bürgerhaus Hemelingen. Geladen hatten das Bremer Bündnis gegen Depression und die Solidarische Hilfe. Thema des Abends waren „Depression und Armut“.
Zu verstehen wie der Verlust des Arbeitsplatzes sich auf die Gesundheit auswirkt, ist Schindler zufolge wesentlich. Es sei empirisch erwiesen, dass Arbeitslosigkeit zu Krankheit führen könne. Die Zahl der Herzinfarkte und psychosomatischen Störungen – wie Depressionen – liege bei Arbeitslosen deutlich über dem Durchschnitt. Und die gesundheitlichen Risiken steigen mit der Dauer der Arbeitslosigkeit. Zudem gelte, dass Krankheit wiederum zu mehr Arbeitslosigkeit führe. Schindler sprach von einer „zirkulären Verknüpfung“, durch welche ein Mensch der einmal in die Arbeitslosigkeit gerutscht sei riskiere auch in derselben zu bleiben.
Aus psychotherapeutischer Sicht sei klar, dass gesellschaftliche Umstände Menschen krank machten. Demnach komme der Politik eine unmittelbare Rolle in der Bekämpfung der gesundheitlichen Konsequenzen von Arbeitslosigkeit zu. Arbeitslosigkeit müsse entstigmatisiert werden. Mit der „verschärften Repression gegen Erwerbslose“ durch die Hartz IV-Gesetze passiere jedoch genau das Gegenteil. Die Politik solle Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen, alternative gesellschaftliche Aufgaben für Arbeitslose anbieten und die soziale Integration derselben vereinfachen. Statt dessen finde eine Entmündigung des Arbeitssuchenden statt. Das wichtige Gefühl der Selbstbestimmung, durch die Arbeitslosigkeit schon stark beeinträchtigt, werde dem Menschen durch die Hartz IV-Gesetze gänzlich genommen. Obwohl in den letzten Jahren so gut wie keine neue Forschung auf diesem Gebiet stattgefunden habe und er sich nur auf seine persönlichen Eindrücke stützen könne, erwartet Schindler eine Verschlimmerung der gesundheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit durch Hartz IV. Ironischerweise könne er hier nur anmerken, dass Schwarzarbeit erwiesenermaßen der arbeitslosen Gesundheit zuträglich ist. SH