: Grüne sträuben sich nur halbherzig
Die Ankündigung des Kanzlers, die Hanauer Plutoniumfabrik an China loszuschlagen, bringt seine grünen Minister in Not. Mit dem innerparteilich verachteten Atomgeschäft hätten sie am liebsten nichts zu tun. Doch Schröder nimmt sie in die Pflicht
AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF
Gerhard Schröder hat seine China-Reise genutzt, um dem kleinen Koalitionspartner in Berlin einmal mehr zu zeigen, wo der Hammer hängt. Aus der fernen chinesischen Provinzhauptstadt Chengdung ließ der Kanzler wissen, welche Bedeutung er den grünen Einwänden gegen einen Verkauf der Hanauer Plutoniumfabrik an China beimisst: keine.
Er könne die aufgeregten Reaktionen einiger Grüner nicht verstehen, erklärte Schröder. Schließlich habe er seine Zusage für das Exportgeschäft mit den zuständigen Ministerien abgestimmt. Damit brachte er zwei Kabinettskollegen in eine unangenehme Lage: Außenminister Joschka Fischer und Umweltminister Jürgen Trittin. Haben sie einem Deal zugestimmt, den ihre Partei empörend findet?
Während Grünen-Chefin Angelika Beer und zahlreiche Abgeordnete auch gestern unverdrossen über den geplanten Atomexport schimpften, hüllten sich Fischer und Trittin zunächst in Schweigen. Dass sie die Aussage des Kanzlers nicht dementierten, lässt den Schluss zu, dass sie entweder tatsächlich bereits zugestimmt haben – oder aber keine Chance sehen, die Zusage an China rückgängig zu machen. Beides wäre peinlich. Denn nicht nur Grünen-Umweltexperte Reinhard Loske hält den Export der Hanauer Anlage für ein „falsches Signal“ und „einen Verstoß gegen das Gebot der politischen Kohärenz von Innen- und Außenpolitik“. Auch Parteichefin Beer erinnerte an den Atomausstieg in Deutschland und bezeichnete den angestrebten Atomexport deshalb als „widersinnig“. Schlimmer noch: Der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei warnte erneut, das Geschäft mit China drohe gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu verstoßen, da die Hanauer Anlage „zur Förderung der Herstellung von Atomwaffen geeignet“ sei. Eine Einschätzung, die Trittin – im Gegensatz zum Kanzler – teilt.
In seiner Not versucht der Umweltminister nun den Eindruck zu erwecken, als habe er mit dem Vorgang nichts zu tun. So kursiert in Berlin ein Brief von Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake an den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog. In dem Schreiben, das der taz vorliegt, heißt es, die Entscheidung über den Export der Hanauer Brennelemente-Herstellungsanlage liege „ausschließlich in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes und des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit“. Da die Zustimmung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) außer Frage steht, gibt Trittin mit diesem Hinweis, er sei nicht zuständig, den schwarzen – oder vielmehr grünen – Peter an Außenminister Fischer weiter. Dessen Sprecher wiederum teilte zunächst mit, federführend sei das Wirtschaftsressort. Am Nachmittag erklärten Fischers Sprecher und ein Regierungssprecher dann, die Sache werde noch geprüft. Über den Ausgang dieser Prüfung macht sich auch Grünen-Fraktionsvize Christian Ströbele keine Illusionen. Vorbeugend gab Ströbele kund, man müsse „nicht wegen jeder Sache die Koalition aufs Spiel setzen“.