„Das Ziel wird sehr, sehr weit verfehlt“

Die Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist ein zentraler Bestandteil im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Der KWK-Verband zog nun Halbzeitbilanz der Förderung: Klimaziel wegen schwerer handwerklicher Fehler nicht erreichbar

AUS BERLIN NICK REIMER

Das ist auf den Tag genau fünf Jahre her: Bundeskanzler Gerhard Schröder erzwang in einer Nachtsitzung einen Energie-Kompromiss zwischen den Spitzen von Bundesregierung und Regierungsfraktionen. Die Bündnisgrünen wähnten sich im Vorteil. Für den Ausbau der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sprang eine Quote heraus, mit der bis 2010 die KWK-Strom-Produktion auf 120 Terrawattstunden jährlich verdoppelt werden soll. Klimaeffekt: 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich. Das klang damals sehr gut. Zu früh gefreut?

In Berlin zieht der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung derzeit Bilanz. „Das Ausbauziel wird nicht weit, sondern sehr, sehr weit verfehlt“, urteilt der Frankfurter Energieexperte Professor Klaus Traube. Statt 23 Millionen Tonnen werden durch die KWK-Technik – je nach Szenario – allenfalls 3,3 bis 5 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden, statt eines Zubaus von 60 Terrawattstunden werden 1,5 erreicht. Traube: „Die Fördermechanismen der Regierung haben sich als unbrauchbar erwiesen.“

Drei entscheidende Strickfehler macht Adi Golbach, Geschäftsführer des Bundesverbandes, aus: „Erstens wird Neubau vom Gesetzgeber nicht honoriert, sondern nur Substitution. Zweitens werden nur kleine Anlagen gefördert, und diese drittens auch nur dann, wenn sie den produzierten Strom ins öffentliche Netz einspeisen.“ Kraft-Wärme-Kopplung sei aber vor allem für die Industrie interessant, die den Strom selbst verbraucht. Kraft-Wärme-Kopplung – sperriger Begriff für elegante Technologie. In konventionellen Kraftwerken wird Wasserdampf erzeugt, auf etliche hundert Grad aufgeheizt, um dann Turbinen anzutreiben. Am Ende dieses Stromerzeugungsprozesses ist der Wasserdampf aber noch über 100° C warm – Energie, die als „Abfall“ in die Umwelt abgegeben wird. Blockheizkraftwerke machen durch die KWK-Technik diesen Abfall nutzbar, erzeugen nicht nur Strom, sondern auch Fernwärme. Während Kohlekraftwerke beispielsweise gerade mal einen Wirkungsgrad von 40 Prozent haben, kommen Blockheizkraftwerke auf 80.

„Wenn die Regierung ihr Ausbauziel noch ernst nimmt, muss ein neues Gesetz her“, sagt Energieexperte Traube. Gleich! Denn wenn auch nur ein halbes Jahr gezögert würde, „gerät das Thema in den Wahlkampf“. Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Grünen, ist skeptisch: „Im bestehenden Gesetz ist eine Zwischenprüfung Ende 2004 festgeschrieben, die will ich mir erst einmal ansehen.“ Dass die ursprünglich prognostizierten Ausbauzahlen nicht erreicht werden, sei unbestritten, „aber ich kenne eine Reihe von Investitionsplänen der Industrie“.

Die hatte nämlich eine Selbstverpflichtung abgegeben: bis 2010 so viele KWK-Anlagen zu bauen, dass mindestens 20 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Hustedt: „Die Zwischenprüfung wird zeigen, wie weit die Industrie damit ist. Davon ist abhängig, ob wir über neue Gesetze reden oder nicht.“

www.bkwk.de