kommentar: nachtragender haushalt : Arroganz der Macht
Da stand Edgar Moron, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag am Rednerpult und brüllte sich die Seele aus dem Leib. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger wedelte er durch die Luft, zeigte immer wieder auf die CDU-Bänke, den Oppositionschef Jürgen Rüttgers: Der mache „seit vierzig Jahren“ das gleiche, halte Oppositionsreden voll „leerer Worte“ statt konstruktiv zur Lösung der Probleme des Landes beizutragen – Moron hatte Unrecht und schadet der Debatte.
Denn natürlich ist es Privileg wie Bürde der Opposition zu mahnen, zu kritisieren, mit dem Finger auf Schwächen hinzuweisen, wie den heillos überschuldeten Landeshaushalt, die um 1,7 Milliarden steigende Neuverschuldung – auch wenn die Landesregierung recht glaubhaft versicherte, die Einnahmen des Landes litten unter externen Faktoren, andernorts gehe es den Finanzen nicht anders.
Doch einer Oppositionspartei hernach Kritik absprechen zu wollen, ihr vorzuwerfen, sie sei nicht konstruktiv, weil sie letztlich nicht mitregiere, ist ein lächerlich stumpfer Vorwurf. Weiter gedacht, wird das urdemokratische Regierung-Wechsel-Dich-Spiel außer Kraft gesetzt – und das ist der SPD in Nordrhein-Westfalen ja bald vier Jahrzehnte gelungen.
Die politische Kultur in NRW und vor allem im Landtag ist darüber erstarrt. Wer, wie die nordrhein-westfälische SPD, vor den Landtagswahlen im Mai wiederum darauf setzt, erneut gewählt zu werden, weil sich die Wähler keinen Wechsel vorstellen können, agiert wie ein Monarch. Und hofft darauf, dass die Wechselstimmung dem trauten Sicherheitsgefühl weicht.
Das ist einfach. Statt sich mit Rüttgers Zukunftsplan inhaltlich zu befassen, kreative Auswege aus der Schuldenfalle vorzustellen, soll das gute alte „Wir in NRW“-Gefühl eben auch kommende Haushaltsdebatten bestimmen. CHRISTOPH SCHURIAN