: Clement opfert Subventionen
Wirtschaftsminister zu radikalen Streichungen bereit, um Vorziehen der Steuerreform durchzusetzen. Schröder und Stoiber signalisieren Kompromissbereitschaft
BERLIN ap ■ Mit einem harten Subventionsskurs will Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement Bewegung in die stockenden Verhandlungen über das Vorziehen der Steuerreform bringen. In der Berliner Zeitung schlägt der SPD-Politiker der Union ein Gegengeschäft vor: Der Subventionsabbau wird wesentlich drastischer vorangetrieben als bisher geplant. Im Gegenzug darf das Vorziehen der Steuerreform kurzfristig zu deutlich mehr als 25 Prozent über Kredite finanziert werden.
Die Höchstgrenze von 25 Prozent hatte die Union als Bedingung für eine Einigung genannt. Clement erklärte, er sei bereit, die Subventionen bis 2006 um bis zum dreifachen Wert der 15,8 Milliarden Euro zurückzufahren, die die Ministerpräsidenten von Hessen und NRW vorgeschlagen hatten. Ab 2007 sollten sie dann um jährlich 10,5 Milliarden Euro gekappt werden.
Clements Offerte ergäbe ein Kürzungspotenzial allein bis 2006 von knapp 50 Milliarden Euro. Der Wirtschaftsminister erklärte weiter: „Es geht darum, 22 Milliarden Euro zusätzlich in den Wirtschaftskreislauf zu bringen.“ Sonst bleibe der erwünschte Wachstumsimpuls aus.
Bisher blieb eine Einigung im Verhandlungsmarathon um das Vorziehen der Steuerreform ungewiss. Bundeskanzler Gerhard Schröder wies noch gestern im ZDF ein Ultimatum der Union nach einer maximal 25-prozentigen Neuverschuldung zurück. Zuvor hatte der Kanzler im Spiegel Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Die Gewichte zwischen Verschuldung, Privatisierungserlösen und Subventionsabbau könnten verschoben werden.
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber sagte im ZDF: „Ich höre zum ersten Mal Signale des Kanzlers, dass das Vorziehen der Steuerreform nicht hauptsächlich über Schulden finanziert werden kann. Er ist bereit, mehr an Subventionen zu kürzen.“
Das Vermittlungsverfahren wurde gestern Abend in Berlin fortgesetzt. Die Arbeitsgruppe Arbeit traf sich unter Leitung ihres Vorsitzenden Ludwig Stiegler (SPD). Thema war das so genannte Arbeitslosengeld II.
Bundespräsident Johannes Rau warnte vor einem Scheitern der Reformen, deren Notwendigkeit unbestritten sei.