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Archiv-Artikel

Schmiergelder für den Stadionbau

Den Bauauftrag für das Münchener WM-Stadion soll sich die Firma erkauft haben. Heute beginnt Bestechungsprozess

MÜNCHEN taz ■ Wenn am 9. Juni 2006 das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in der Allianz-Arena am Rande Münchens angepfiffen wird, dann wird sich Karl-Heinz Wildmoser junior das Spektakel nicht entgehen lassen. Es fragt sich nur, von welchem Platz aus der ehemalige Geschäftsführer der „Allianz Arena München Stadion GmbH“ zuschauen wird: Zur Auswahl stehen die Ehrenloge und der Fernsehraum der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim.

Heute beginnt in München der Prozess gegen Wildmoser jr., der im März 2004 verhaftet worden war. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 40-Jährigen vor, vom österreichischen Baukonzern Alpine fast 2,6 Millionen Euro Schmiergeld kassiert zu haben. Dafür soll Wildmoser der Firma Anfang 2002 Insider-Informationen über das Stadionprojekt gegeben haben – sodass die Österreicher mit ihrem Angebot punktgenau die Vorstellungen der Stadion GmbH trafen und den Zuschlag für die 286 Millionen Euro teure Arena bekamen.

Wegen der Vorwürfe war auch Wildmosers Vater Karl-Heinz senior verhaftet worden. Der damalige Präsident des TSV 1860 München kam nach kurzer Zeit wieder frei, verlor aber alle Ämter bei seinem Klub, der das Stadion gemeinsam mit dem Lokalrivalen FC Bayern baut. Die Ermittlungen der Staatsanwälte konzentrierten sich dann auf den Sohn und dessen Schulfreund und jetzigen Mitangeklagten Stefan Dung, der von der Alpine weitere 200.000 Euro für Vermittlerdienste erhalten haben soll.

Beim Transfer des Geldes waren Wildmoser und Dung trickreich vorgegangen: Für einen Teil des Geldes stellte die von beiden Wildmosers gemeinsam betriebene Firma Weißer Hirsch Immobilien (WHI) in Dresden Scheinrechnungen an den Immobilienmakler Dung aus. Der wiederum kassierte im Jahre 2002 laut Zeugenaussagen etwa 1,25 Millionen Euro von der Alpine für angebliche Maklerdienste und ein Projekt, das nie existierte. Mit dem fingierten Ver- und Rückkauf eines Hauses in Dresden, der über eine Tochterfirma der Alpine lief, verbuchte Wildmoser jr. 2003 weitere 1,55 Millionen Euro an Gewinn. Sollte sich herausstellen, dass die Firma den Zuschlag für das Stadion tatsächlich durch Bestechung bekommen hat, könnte das Projekt theoretisch gestoppt und neu ausgeschrieben werden. Das ist angesichts der nahenden Weltmeisterschaft und des bereits weit fortgeschrittenen Baus zwar unwahrscheinlich, aber eine mittels Schmiergeldern errichtete Arena würde einen Image-Schaden für das Gastgeberland bedeuten.

Der Anwalt der Alpine GmbH, Wolfgang Heiermann, möchte bislang lediglich die Zahlung von 1,4 Millionen Euro an den Wildmoser-Spezl Stefan Dung bestätigen. Der habe das Geld vor allem für die Empfehlung eines Schweizer Architektenbüros erhalten. Anwalt Heiermann: „Es ist kein Schaden entstanden. Wildmoser junior müsste einen Orden bekommen, weil er das Stadion so billig eingekauft hat.“ Das sieht man beim FC Bayern und beim TSV 1860 allerdings anders. Die beiden Vereine haben Wildmoser jr. zusätzlich über die gemeinsame Stadion GmbH auf Schadenersatz verklagt, weil sich der Baupreis ihrer Meinung nach um die umstrittenen 2,8 Millionen Euro erhöht habe. JÖRG SCHALLENBERG