Vier fallende Vorhänge

Alle dicht? Kultursenator Perschau will die Förderung für das Waldau-Theater, das Schnürschuh-Theater, das Westend und das Kito streichen

Bremen taz ■ Fast ein Jahrzehnt schafften es Bremer KulturpolitikerInnen und Kulturschaffende immer wieder, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen – nun könnte mit dieser Phase des Überlebens Schluss sein. Der Entwurf von Kultursenator Hartmut Perschau (CDU) zum Kulturhaushalt 2004/2005 sieht vor, die Fördermittel für das Waldau-Theater, die Kulturwerkstatt Westend, das Schnürschuh-Theater und das Vegesacker Kito zu streichen. Der Entwurf wird heute der Kulturdeputation zum Beschluss vorgelegt.

Neben diesen Streichungen will Perschau die Zuwendungen an alle anderen Einrichtungen pauschal um ein Prozent kürzen. Allerdings soll es dabei Ausnahmen geben, und zwar für Institutionen, bei denen eine „besonderen Bedeutung“ für die Bremer Kulturhauptstadt-Bewerbung abzusehen sei, nämlich: die Kunsthalle, das Übersee-Museum, die Gesellschaft für Aktuelle Kunst, die Schwankhalle, der Quartier e.V., die Shakespeare Company, die Kammerphilharmonie, das Tanzfilminstitut, das Kino 46 und der Schlachthof. Diese Institutionen sollen verbindliche Kontrakte erhalten, die die Zuwendungen über eine Laufzeit von 3 Jahren vertraglich zusichern.

Auf der Verliererseite jedoch werden letzte Vorhänge fallen: „Es ist absehbar, dass das Waldau-Theater nicht weiter existieren wird“, sagt Perschaus Sprecher Helge Rehders. Im September hatte Perschau noch versucht, das defizitäre Theater zu retten und war gescheitert (taz berichtete). Nun, so Rehders, sei das Theater insolvent, und „das Ressort darf kein Geld in ein insolventes Unternehmen geben.“

Und Waldau-Intendant und Geschäftsführer Michael Derda ist mehr als sauer: Erst kürzlich hätten ihm Wirtschaftsprüfer bescheinigt, dass der Wirtschaftsplan für 2004 stichhaltig und das Theater überlebensfähig sei. Allerdings: „Uns fehlen kurzfristig 200.000 Euro an liquiden Mitteln.“ Die Streichung der 715.000 Euro Förderung seien „Peanuts“ im Vergleich zum Musical, es sei eine Farce, sich als Kulturhauptstadt zu bewerben und gleichzeitig das zweitgrößte Theater der Stadt zu schließen. Parallel zur Sitzung der Kulturdeputation demonstriert die Waldau-Belegschaft heute ab 8 Uhr vor der Senatskanzlei für Wirtschaft und erwartet dabei solidarische Teilnahme auch von den Institutionen, die nicht sparen müssen.

Kurt Wobbe vom ebenfalls bedrohten Schnürschuh-Theater kündigt zudem an, die Fassade seines Theaters schwarz zu verhängen – die städtische Förderung macht ungefähr die Hälfte des 350.000- Euro Gesamtetats aus. Der Kulturwerkstatt Westend werden nach Perschaus Plänen rund 60.000 Euro fehlen bei einem Gesamtetat von 140.000 Euro, dem Kito brechen 100.000 Euro seines doppelt so großen Jahresetats weg.

Ob die Institutionen trotzdem irgendwie weitermachen, ist noch offen. Im Kito zum Beispiel wird zwar die institutionelle Förderung gekappt, eine Projektförderung in noch ungewisser Höhe soll es aber weiterhin geben.

A propos Kito: Gekürzt werde dort, so Rehders, aufgrund einer „zu hohen Pro-Kopf-Bezuschussung“, es handele sich um „viel Geld für wenig Output“. Das Schnürschuh indes solle aus Qualitätsgründen gekappt werden und beim Westend vermisse man ein „besonderes Profil“ bei einer gleichzeitig hohen Einrichtungs-Dichte im Bremer Westen.

Wobei gerade beim Westend das letzte Wort noch nicht gesprochen scheint: Deputationssprecherin Carmen Emigholz (SPD) sagte gestern, sie habe von Perschau bereits die Zusage, auf die Schließung des Westend zu verzichten. Klaus Irler