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Archiv-Artikel

Problem der Haftung

Sämtliche Arbeitsgerichtsverfahren gekündigter ABC-Beschäftigter verlaufen ungütlich. DGB-Chefin Ziegert: Da ist nichts zu machen

Von ede

bremen taz ■ „Wären Sie denn mit einem Vergleich einverstanden?“, wendet sich Arbeitsrichterin Claudia Wemheuer prüfend an die KlägerInnen. Ein Mann und zwei Frauen, alle um die 50, alle langjährige pädagogische MitarbeiterInnen der insolventen Bildungseinrichtung ABC, nicken. Wie viele der rund 30 gekündigten MitarbeiterInnen der Bildungstochter ABC der Angestelltenkammer sind sie vor’s Arbeitsgericht gezogen. Dort klagen sie gegen ihre Kündigung, pochen auf Durchgriffshaftung der Angestelltenkammer als Mutter, die sich mit der Insolvenz der teuren tariflichen Verpflichtungen gegenüber den ABC-ArbeitnehmerInnen entledigt habe – und fordern tarifliche Abfindung. Drei Gütetermine mit neun Gekündigten sind schon gescheitert. Noch eine Dreier-Staffel ehemaliger ABC-Beschäftigter wird diese Woche „zur Güte“ antreten. Erste Prozesstermine liegen im März und April. Bis dahin dringen die Richter auf Lösungen.

„Haben Sie schon eine außergerichtliche Lösung besprochen?“, fragt die Richterin auch die Beklagten, den Insolvenzverwalter des ABC und den Anwalt der Angestelltenkammer. Sie habe gehört, „Regelungsverfahren sind schon im Gang“. Ein Richterkollege hatte gesagt, die Kläger griffen „ja nicht nach den Sternen“, nur nach tariflicher Abfindung: Einen halben Monatslohn pro ABC-Arbeitsjahr. Doch der Insolvenzverwalter sagte auch jetzt vor Gericht, was er immer sagt: „Diese Forderungen übersteigen meine Möglichkeiten.“ Wenn die Angestelltenkammer aber die geplante Abfindungshöhe von rund zwei Monatsgehältern aufbessern wolle – „damit habe ich kein Problem“.

Ein Problem damit hat jedoch Helga Ziegert, Bremens DGB-Kreisvorsitzende und als solche Mitglied in der alles entscheidenden Vollversammlung der Angestelltenkammer. In deren Auftrag hat das ABC jahrelang gewerblich-technische Bildung und Weiterbildung organisiert – für Berufstätige, Unternehmer und Auszubildende. Bis die Vollversammlung beschloss, das ABC nach jahrelanger Misswirtschaft in Insolvenz zu schicken. „Gegen den verantwortlichen Geschäftsführer läuft ein Strafverfahren“, sagt Ziegert. Die Kammer habe die Fehlbeträge nicht mehr ausgleichen können. Dies habe sie vergangene Woche auch vor dem ABC-Betriebsrat dargelegt. Sie selbst hatte – auf Bitte der Arbeitnehmervertreter – zu dieser „Aussprache“ eingeladen. Um ihren Standpunkt zu erläutern, bestätigt sie gegenüber der taz. Es gebe keine Durchgriffshaftung auf die Angestelltenkammer als Mutter – und deswegen könne die Kammer auch die Abfindungen für ABC-Beschäftigte nicht erhöhen.

„Eiskalt war sie“, sagt IG-Metall-Mitglied Helmut Zacharias. Er hofft, dass die Arbeitsrichter Ziegerts Sicht nicht teilen werden. Dabei setzt er auch auf ein unbestätigtes, aber hartnäckiges Gerücht, wonach sogar eine interne Expertise der Angestelltenkammer von Durchgriffshaftung zwischen ABC und Kammer ausgehen soll. ede