: Langen verliert Wettlauf mit der Zeit
Der Bob-Olympiasieger muss einsehen, dass er nach seinem Herzinfarkt noch nicht in Form ist, und sagt die Saison ab
MÜNCHEN taz ■ Der Bob-Olympiasieger Christoph Langen aus Unterhaching will in diesem Winter kein Rennen mehr fahren. Das gab der 42-Jährige am Samstag in Altenberg bekannt, wo er sich als Kokommentator des Zweiten Deutschen Fernsehens den Weltcupsieg des Kanadiers Pierre Lueders anschauen musste und dabei auch den Erfolg des Oberhofers André Lange in der parallel gewerteten Europameisterschaft sah. Zwei Monate nachdem ein Herzinfarkt bei dem Ausnahmeathleten diagnostiziert worden war, fühle er sich „athletisch noch nicht in der Lage, im Weltcup um einen Sieg zu fahren, und nur das macht für mich Sinn“, erklärte Christoph Langen.
Nach erfolgreichen Belastungstests hatte Langen in den vergangenen Wochen derart umtriebig an seiner Fitness gearbeitet, dass Bundestrainer Raimund Bethge bis zum Wochenende noch davon ausgegangen war, dass sein erfolgreichster (und ehrgeizigster) Bobpilot nächste Woche in Innsbruck-Igls sein Comeback würde geben können: „Wenn’s eine Chance gibt, dann macht er es.“
Aber offenbar sah Langen diese Chance nicht: „Ich habe alles probiert, um in Igls zu fahren“, sagte er, „aber ich habe den Wettlauf mit der Zeit verloren.“ In diesem Winter ist er noch nicht ein Mal den Eiskanal hinuntergefahren, und ein späterer Einstieg in die Saison hätte sich nicht gelohnt: Wer bei den Weltmeisterschaften Mitte Februar im kanadischen Calgary in der Startgruppe der besten Piloten fahren will, muss bei mindestens vier Weltcuprennen mitgemacht haben. Theoretisch hätte das noch reichen können, praktisch aber ging die Rechnung nicht auf. Im Weltcupprogramm ist ein Rennen in Lake Placid vorgesehen – und dort fährt Christoph Langen nicht: Die Bahn ist ihm zu gefährlich.
Bundestrainer Bethge hätte ihm zwar vermutlich für alle Veranstaltungen einen Startplatz freigehalten, aber Langen sah ein: „Es ist für die anderen Piloten auch schwierig, immer auf mich zu warten: Fährt er jetzt mit, oder fährt er nicht? Es musste eine Entscheidung her.“ Und die hat durchweg positive Folgen für die Kollegen an den Lenkseilen: Zum einen können sich René Spies (Winterberg) und Matthias Höpfner (Riesa) nun auf die nächsten Veranstaltungen konzentrieren – und zum anderen mit Leuten aus Langens Mannschaft verstärken: „Die können jetzt natürlich woanders mitfahren.“ Langen selbst wird zumindest dem Nationalteam erhalten bleiben, sagt Trainer Bethge: „Er steht im Materialsektor zur Verfügung.“ Dort gilt der gelernte Kfz-Mechaniker Langen als Koryphäe.
In welcher Funktion Langen dem Nationalteam dann im nächsten Winter zur Verfügung steht, ist derzeit hingegen noch offen. In der Diskussion um die Gefahr, die die Fortsetzung der Karriere nach dem Herzinfarkt mit sich bringt, war Bethge stets überzeugt, „dass Christoph eine kluge Entscheidung trifft“. Das hat er nun getan: Die Absage nimmt den akuten Druck und lässt alle Möglichkeiten offen. Nächste Saison werden in Turin Olympische Spiele ausgetragen, das ultimative sportliche Ziel von Christoph Langen. Mit dem Verzicht auf Starts in diesem Jahr hat er im Grunde nur das getan, was er schon immer am besten konnte: Zeit gewinnen auf dem Weg ins Ziel. JOACHIM MÖLTER