: Die Sache läuft sehr zäh
Nachdem das gestrige Weltcup-Springen im schweizerischen Engelberg wegen heftiger Windböen abgebrochen werden musste, reist das deutsche Team ohne Saisonsieg zur Vierschanzentournee
Ein Schneesturm in den Schweizer Bergen hat Sven Hannawalds Hoffnungen auf eine erfolgreiche Generalprobe für die Vierschanzentournee hinweggefegt und nach einem spektakulären Sturz des Koreaners Heung Chul Choi erneute Sicherheitsdiskussionen im Skisprung ausgelöst. Nach der Absage des zweiten Weltcup-Wettbewerbs in Engelberg sind die bislang wenig überzeugenden deutschen Springer vor dem Jahreshöhepunkt mächtig unter Druck geraten. Da Hannawald am Samstag seinen ersten Podestplatz um die Winzigkeit von 0,5 Punkten verpasste, reisen die DSV-Springer erstmals seit acht Jahren ohne Weltcup-Sieg im Gepäck zur Tournee.
Nach dem gescheiterten und teilweise riskanten Versuch der Jury, den mehrmals unterbrochenen Wettbewerb wenigstens in einem Durchgang durchzuziehen, verabschiedeten sich die deutschen Springer mit langen Gesichtern und ohne das erhoffte Erfolgserlebnis in den kurzen Weihnachtsurlaub. „Ich bin enttäuscht, dass es uns in der vierten Woche nacheinander erwischt. Eigentlich wollte ich einen erfolgreichen Abschluss vor Weihnachten haben“, haderte der grüblerisch wirkende Bundestrainer Wolfgang Steiert mit dem Wettergott.
Kein Sieg und nur ein Podestplatz durch den jungen Maximilian Mechler (3.) in Trondheim – so lautet die ernüchternde Bilanz vor der Tournee. Steiert flüchtete sich daher in Zweckoptimismus. „Ich weiß, dass unsere Form nicht schlecht ist. Man sieht es auf dem Papier nur noch nicht so“, erklärte er nach dem durchwachsenen Auftritt am Samstag, als lediglich Hannawald als Fünfter und Michael Uhrmann (Rastbüchl) als Achter zu gefallen wussten.
Am Sonntag gingen von den acht DSV-Springern lediglich Jörg Ritzerfeld und Alexander Herr vom Bakken. Doch die Bedingungen mit wechselnden Winden und starkem Schneetreiben ließen keinen fairen Wettkampf zu. „Wenn beide Faktoren gleichzeitig auftreten, bricht alles zusammen. Das können wir nicht in den Griff bekommen“, sagte FIS-Renndirektor Walter Hofer, der klarstellte: „Der Unfall von Choi hatte mit der Abbruch-Entscheidung nichts zu tun.“ Der Koreaner überstand den Sturz nach einer ersten Diagnose glimpflich.
So blieb bei allen Beteiligten nach der dritten Absage in der noch jungen Saison nur die Hoffnung auf bessere Tage bei der Tournee. „Es war mehr drin. Ich sehe noch Reserven. Einige Kleinigkeiten im Ablauf stimmen noch nicht, doch ich wollte es nicht mit Gewalt erzwingen. Ich bleibe locker“, bilanzierte Hannawald, der trotz seiner anhaltenden Sieglosigkeit zu den Tournee-Favoriten zählt, nach seinem 5. Rang am Samstag. „Seine Form ist ansteigend. Wir werden einen tollen Sven Hannawald bei der Vierschanzentournee erleben“, prophezeite Steiert seinem Musterschüler sogar einen neuen Höhenflug.
Hannawald musste beim Weiten-Festival auf der Titlis-Schanze mit ansehen, wie sich Roar Ljökelsöy dank seines zweiten Saisonsieges das gelbe Trikot des Weltcup-Gesamtbesten auf den Gabentisch legte. Der Norweger setzte sich vor Janne Ahonen (Finnland) und Martin Höllwarth (Österreich) durch. Für einen Paukenschlag sorgte sein Landsmann Sigurd Pettersen, der vor 4.500 Zuschauern im Finale mit 137,5 m Schanzenrekord aufstellte.
„Solange ich unter den Top 6 bin, ist es okay“, erklärte Hannawald, der zugab: „Es läuft zäh, aber ich kämpfe mich durch. So richtig Spaß macht es nicht.“
Dies galt mit Ausnahme von Uhrmann auch für die anderen DSV-Athleten, bei denen Anspruch und Realität derzeit weit auseinander liegen. Gleich die Hälfte der acht gestarteten Springer verpasste das Finale der besten 30, darunter der einmal mehr enttäuschende Martin Schmitt. Der viermalige Weltmeister aus Furtwangen flüchtete nach dem vorzeitigen Aus kommentarlos ins Mannschaftshotel und gilt in dieser Verfassung als größtes Sorgenkind im Team. DPA