piwik no script img

Archiv-Artikel

Schröder mag keinen Quark mehr

Die Union mag der Steuer-Kanzler. Aber der steuerflüchtige Quark-Fabrikant Müller verleidet ihm den Appetit

BERLIN taz/dpa/ap ■ Das war zu befürchten. Alle bisherigen Steuersenkungen sollen nur Reförmchen gewesen sein, ab jetzt gibt es nur noch Revolutionen. So äußerten sich Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU) nach dem Fingerhakeln im Vermittlungsausschuss – und wollen sich den Bürgern nun mit einer radikalen Steuervereinfachung aufdrängen. Er sei gesprächsbereit, blinzelte der Bundeskanzler der Union zu – und stellte selbstverständlich eine Forderung dazu. Die Union solle sich, hopphopp, schnell mal einigen, welche Steuertarife sie einführen und welche Steuersubventionen sie streichen möchte.

Friedrich Merz, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, forderte sofort zurück: „Jetzt liegt es am Kanzler, aktiv zu werden!“. Wenn Regierung und Opposition kooperieren, könnte die nächste Steuerreform schon 2005 unter Dach und Fach sein. Das Konzept der Simpelsteuer, das Merz weitgehend von dem Steuerpapst Kirchhof abschrieb, sieht nur noch drei Tarife vor: 12, 24 und 36 Prozent. Dafür müssten im Gegenzug so gut wie alle Steuervergünstigungen entfallen. Das Konzept gilt innerhalb der Union als „großer Wurf“ – dennoch wird die CSU nicht müde, Zweifel zu säen. Es gebe bei Merz eine Finanzierungslücke von 24 Milliarden Euro, mäkelte Stoiber und kündigte erneut an, im Januar ein CSU-eigenes Steuerkonzept vorzustellen. Im Unterschied zur Schwesterpartei will die CSU weiterhin den so genannten linearen Steuersatz (statt der Stufensteuer) und auch einen höheren Spitzensteuersatz haben. Die Unterschiede seien jedoch nicht gravierend, meint die CSU auf einmal. Also zeigte sich Stoiber sicher: Anfang des Jahres werde sich die Union auf ein gemeinsames, durchgerechnetes Steuersystem einigen.

Der Bundeskanzler formulierte auch seinen Unmut über jene, die sich jeder deutschen Steuerpolitik, sei sie verwirrend oder vereinfacht, verweigern: den Steuerflüchtlingen. „Wir können die Freizügigkeit nicht einschränken, aber wir sollten dieses Verhalten gesellschaftlich ächten“, so Schröder. Fälle wie der bayerische Jogurt-Fabrikant Müller, der in die Schweiz ziehen will, um die Erbschaftsteuer zu umgehen, „können mir den Jogurt verleiden“. Auch der Umzugswille prominenter Sportler sei unpatriotisch. „Mit denen kann man keinen Staat machen“, klagte der Kanzler.

die zweite meinung