: Eine Milliarde Kinder in Armut
Weltweit ist fast jedes zweite Kind durch Hunger, Armut und Gewalt bedroht. Unicef appelliert an Regierungen und ruft zur Umsetzung der Millenniumsziele auf
BERLIN epd/dpa ■ Armut, Hunger, Gewalt und Aids bedrohen Unicef zufolge die Kindheit von mehr als einer Milliarde Jungen und Mädchen auf der Welt. Fast jedem zweiten Kind fehlten elementare Dinge wie sauberes Trinkwasser, ausreichende Nahrung und medizinische Versorgung, sagte der deutsche Geschäftsführer Dietrich Garlichs bei der Vorstellung des Unicef-Jahresberichts gestern in Berlin. Der internationale Botschafter des UN-Kinderhilfswerks, Harry Belafonte, forderte die Regierungen der Welt auf, endlich den politischen Willen und die finanziellen Mittel aufzubringen, um den „Terror der Armut“ wirksam zu bekämpfen.
Weltweit lebten 640 Millionen Kinder ohne richtiges Dach über dem Kopf, berichtete der Vize-Exekutivdirektor von Unicef, Kul Gautam. Mehr als 500 Millionen hätten keine Sanitäreinrichtungen, 400 Millionen kein sauberes Wasser zum Trinken. Für 270 Millionen Kinder gebe es nicht einmal die einfachste medizinische Versorgung.
Dem Bericht zufolge können 121 Millionen keine Grundschule besuchen und 90 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind stark unterernährt. Zudem werden Kinder in Kriegen und Krisenregionen verstärkt zur Zielscheibe von Terroraktionen. Das habe das Geiseldrama in der Schule in Beslan mit mehr als 330 Toten gezeigt. Seit 1990 sind nach UN-Schätzungen 1,6 Millionen Kinder in Kriegen getötet worden.
Gautam appellierte an Deutschland, als eines der reichsten Länder der Erde eine internationale Führerschaft im Kampf gegen die Kinderarmut zu übernehmen und mehr Gelder zur Verfügung zu stellen. Trotz internationaler Abkommen wie der UN-Kinderrechtskonvention sei Kindheit noch nie so sehr bedroht gewesen wie heute. „Viele Kinder haben eine geringere Lebenserwartung als ihre Eltern und Großeltern.“ Zwar litten sie in den Industriestaaten weit weniger unter Entbehrungen, aber auch dort steige die Zahl armer Kinder an.
Unicef forderte nachdrücklich die Umsetzung der UN-Millenniumsziele. Mit ihnen verpflichtete sich die Staatengemeinschaft, bis zum Jahr 2015 insgesamt 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens als Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. 40 bis 70 Milliarden US-Dollar wären pro Jahr nötig, um etwa Kindersterblichkeit zu bekämpfen, Schulen zu errichten, die Wasserversorgung zu verbessern und Aids zu stoppen. Dies sei angesichts weltweiter Rüstungsausgaben von derzeit rund einer Billion US-Dollar pro Jahr eine vergleichsweise geringe Summe.