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Archiv-Artikel

schwullesbische Politik Klagen reicht nicht

Politischer Stillstand. Das ist der Zustand, in dem sich die lesbisch-schwule Community in Köln eingerichtet hat. Seitdem die Homos heiraten können, eilen die Lesben und Schwulen der Domstadt, so scheint es, nur noch von einer Hochzeit zur nächsten. Oder sie machen Party, Party, Party. Selbst der Christopher Street Day verkommt zur x-beliebigen Straßenfete, die unter dem Namen „Cologne Pride“ international vermarktet wird. Politik? Fehlanzeige!

KOMMENTAR VONTHOMAS SPOLERT

Es braucht endlich wieder politische Diskussionen in der Community. Der Kölner Lesben- und Schwulentag (KluST) hätte schon im Sommer zu einem Runden Tisch einladen müssen, als das SCHULZ in Not geraten war; Europas größtes Lesben- und Schwulenzentrum schloss im Sommer sang- und klanglos seine Pforten, aber niemanden schien es zu interessieren. Da musste erst die offen lesbisch lebende, neue Sozialdezernentin Marlis Bredehorst kommen und die schwullesbischen Aktivisten überzeugen, zumindest die Ruinen des alten SCHULZ zu retten, um daraus Neues zu formen.

Wo sind die politisch denkenden Köpfe, die für Aufbruchsstimmung in der lesbisch-schwulen Szene in Köln sorgen? Wer sich heute traut, deutlich kritische Worte zu sagen, wird ausgegrenzt. Tatsächlich waren die Kölner in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren Wegweiser in der deutschen Homo-Politik. Das Reservoire an Que(e)rdenkern war schier unerschöpflich. Heute ist davon nur noch wenig übrig. Die alten VorkämpferInnen haben sich zurückgezogen und betrachten schweigend oder mehr oder minder laut klagend die zunehmende Kommerzialisierung und Entpolitisierung der Community. Zu recht!

Aber: Klagen reicht nicht! Handeln ist angesagt! Oder, um es mit einem alten Slogan der Homobewegung zu sagen: „Out of the closets!“ Und siehe da: Es gibt kleine Hoffnungsschimmer: Der alternative CSD stellte unbequeme Fragen und legte den Finger in offene Wunden, als er die Anerkennung aller Lebensformen forderte und die Situation sozial schwacher Lesben und Schwulen thematisierte. Es ist zu hoffen, dass die Veranstalter am Ball bleiben. Auch wenn die Massen der Homos noch vorsichtig abwartend daneben standen und das unangepasste Treiben vorsichtig verfolgten.

Der KLuST ist durch die Anmietung der SCHULZ-Räume de facto in der Pflicht, politisch gestaltend aktiv zu werden. Jetzt müssen die Verantwortlichen auch mal in die Niederungen der Politik. Die vielen kleinen Vereine und Initiativen brauchen immer einen Leithammel. Was soll ein Kölner Dachverband sonst anderes tun?

Das neue kostenlose Homo-Magazin „C.G.N.“ erhebt den Anspruch, neue sozialpolitische Schwerpunkte zu setzen: neben den Lifestyle-Magazinen eine notwendige Ergänzung auf dem politisch faden Medienmarkt der Kölner Community. Genau das sind die Initiativen, die Köln braucht, um die unangepasste Homobewegung in Schwung zu bringen, die in der Vergangenheit so viele Rechte für Lesben und Schwule erkämpft hat.