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Das Problem mit der Schleife

Gabenkreislauf: Manche Geschenke wären woanders besser aufgehoben – im Heim des Nachbarn zum Beispiel

Na, erinnern Sie sich noch? An jenen herzigen gläsernen Kerzenhalter, der aussah wie aus Finnland, nur ein bisschen kitschig? An den wunderbar rosa-goldenen Kissenbezug, den Ihnen Ihr Chef aus Sri Lanka mitbrachte? (Wie übrigens der gesamten Kollegenschaft.) An das hochaktuelle Buch „Der Dumme ist der Trumpf“, das die politisch interessierte Freundin schenkte? Unvergessen auch die selbst gestrickten Weihnachtsmann-Eierwärmer von Tante Almi, die seither im Ex-Kinderzimmer (sind längst ausgezogen) modern.

Tja, ‘s ist schon so eine Sache mit dem Beschenktwerden. Problematisch auch, sich darüber lustig zu machen; ist schließlich alles gut gemeint. Und eine Zeit lang sammelt man ja auch brav, was einem die Lieben da so kredenzt.

Bis dann eines Tages ... der unweigerliche Sperrmüll naht (längst verschimmelt sind die restlichen Ikea-Latten, die, besserer Verwendung harrend, schon so lang im Keller lagern) und man auf fürchterliche Ideen kommt. Von einem riesigen Container träumt man dann zum Beispiel, der all das Zeugs auf einen beliebigen Planeten schafft. Von einem Wassereinbruch auch, der einen förmlich zwingt, das ganze Geplunder wegzuwerfen, denn selbst zerstörerisch Hand anzulegen, wär doch irgendwie schändlich.

Doch gemach, gemach: Andere Lösungen harren unser in dieser Welt: Wie wäre es zum Beispiel mit der – zunächst noch skrupulösen – Weiterverschenkung der gehäkelten Weihnachtsmänner? An einen Humoristen etwa, der so etwas auch zu Ostern goutiert? Und die indischen Kissen, wären sie nicht sehr geeignet als Jungkatzen-Trampolin für Nachbars Nachwuchs? Der scheußlich-hippe eiserne Kleiderständer: ein fortan unersetzliches Ingrediens der frisch bezogenen Wohnung des Studienkollegen, ganz in Schwarz?

Man denkt und denkt und wird immer beschwingter angesichts der sich auffächernden Möglichkeiten: Wie etwa, wenn man Tante Almi auch gleich das ungeliebte Blümchen-Service dazugäbe, das man einst im Nostalgo-Wahn erstanden? Und das olle Bügelbrett braucht man eigentlich auch nicht mehr; kann die kleine Schwester für ihren Hausstand haben. Weg mit dem Kleiderschrank, den Gardinen; zum Teufel mit dem Ballast, dem ganzen! Feng Shui ist jetzt angesagt, zünftig gereinigt wird ab jetzt; nur wer nichts hat, ist wirklich frei.

Und wofür braucht man eigentlich Wohnungstüren: Zertrümmert gehört solch Zivilisatio-Ballast; abschottendes, gast-unfreundliches Volk, die Deutschen! Herein, ihr alle, kommt zuhauf – aber oweh! Hat da nicht irgendwer ein ganz, ganz kleines Geschenk für die karge Wohnung mitgebracht? Petra Schellen

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