: „Injobs können Arbeitslosigkeit festigen“
Der Geschäftsführer der Bremer Unternehmerverbände, Ortwin Baum, übt Kritik an den Ein-Euro-Jobs. Diese könnten dem ersten Arbeitsmarkt Konkurrenz machen. Denn eine Kontrolle darüber, welche Arbeit als „zusätzlich“ gelte, gebe es nicht
taz: Die Bremer Unternehmerverbände betrachten die Arbeitsmarktpolitik mit Skepsis?
Ortwin Baum, Geschäftsführer der Bremer Unternehmerverbände: Ja. Hartz IV geht zwar in die richtige Richtung. Unsere Kritik setzt allerdings bereits bei den Ein-Euro-Jobs an. Schon der Begriff ist unglücklich gewählt, wie auch der des „Arbeitslosengeld II“. Da entsteht bei den Empfängern der Eindruck, sie bekämen eine Versicherungsleistung, aber es ist eine steuerfinanzierte Transferleistung, für die Empfänger eine Gegenleistung zu erbringen haben. Würde man die pro Person aufgewendete Summe in Stundensätze umrechnen, käme man auf Beträge, die an das untere Lohnniveau grenzen.
In Bremen wird es kommendes Jahr rund 4.000 Injobs geben, sukzessive aufgebaut. Wo liegen Ihre Befürchtungen?
Ich habe die Sorge, dass das verkappte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden. Die haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich die Arbeitslosigkeit verfestigt hat, weil Empfänger sich in diesen AB-Maßnahmen eingerichtet hatten. Die Spitze soll es in Bremen gegeben haben – mit einem Empfänger, der 15 Jahre in ABM tätig war. So etwas darf nicht wieder geschehen, insofern begrüße ich, dass die ALG II-Empfänger keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben.
Was es schwer macht, sich da „einzunisten“ – und also ein großer Unterschied ist zu ABM.
Einerseits schon. Andererseits befasse ich mich im Verwaltungsausschuss der Bremer Arbeitsagentur schon länger mit der Frage, welche Arbeit nun zusätzlich ist, und welche im öffentlichen Interesse? Das sind zwei sehr schwammige Begriffe. Umso mehr muss man die Arbeitseinsätze kontrollieren. Ich habe dazu aber noch keine Verordnung gesehen. Wer kontrolliert das Ganze eigentlich? Das ist undurchschaubar! Die Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt muss für Injobs ausgeschaltet werden.
Was es erschwert, auf dem ersten Arbeitsmarkt anzulanden.
Ja, was hier gemacht werden soll, ist im Grunde die Quadratur des Kreises – wie ich sie früher bei ABM erlebt habe. Man guckt auf den gemeinnützigen Bereich – aber da wiederum sinkt die Chance auf Arbeitsvermittlung.
Gibt es bestimmte Bereiche, in denen Sie die Interessen von Unternehmen tangiert sehen?
Die Sensibilität ist im handwerklichen Bereich besonders groß. Die Betriebe sind durch die Lohnzusatzkosten besonders belastet. Auch der Gartenbau hat unter ABM gelitten. Ich appelliere an alle Beteiligten, das zu beachten. Immerhin wird es einen Beirat geben, in dem auch die Handwerkskammer sitzt.
Was fordern die Unternehmer selbst? Gibt es einen Fahrplan?
Nein, den gibt es noch nicht. Ich hoffe, dass unsere Bedenken nicht wahr werden. Das Beste wäre, wenn wir einen Beschäftigungsaufschwung hätten. Aber dafür fehlen die Rahmenbedingungen.
Der DGB fordert, die Minijobs ganz abzuschaffen und stattdessen einen Steuerfreibetrag für Arbeitnehmer einzuführen. Im nächsten Jahr allerdings werden Minijobs für ALG II-Empfänger weniger interessant als der Injob mit einem Euro pro Stunde. Die Injob-Einnahmen werden nämlich nicht angerechnet – während die Minijob-Einkünfte weitgehend aufs ALG II angerechnet werden und für die Einzelnen wenig übrig bleibt. Erwarten Sie Veränderungen auf dem Markt der Minijobs?
Im Augenblick sehe ich das nicht so. Ich sehe auch nicht, dass die DGB-Sicht zutrifft, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Minijobs umgewandelt werden. Alle Untersuchungen, die ich kenne, belegen das jedenfalls nicht. Leider gibt es dazu im Augenblick noch keine Klarheit. Klar ist nur: Wir brauchen Minijobs. Eine Konkurrenz der Instrumente ist natürlich schädlich. Die haben wir – auf eine andere Art – übrigens jetzt schon. Für Jugendliche beispielsweise ist es finanziell viel verlockender, einen Minijob anzunehmen, statt an einem qualifizierendens EQJ-Praktikum teilzunehmen.
Die Unternehmer haben auch den Aussteuerungsbetrag kritisiert, den die Agentur nach einem Jahr Nicht-Vermittlung von Arbeitslosengeld-Beziehern an die Kommune abführen muss.
Ja. Da geht es um knapp 10.000 Euro pro Person. In der Kritik sind sich Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbank aber inzwischen einig. Der Gedanke war natürlich, Druck auf die Agenturen für Arbeit auszuüben, dass die es nicht zu einer Nicht-Vermittlung-in-Arbeit kommen lassen. Da wieder ist die Politik aufgefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.
Fragen: Eva Rhode