: „45 Minuten von Tür zu Tür“
Detlef Palm, Bürgermeister von Reinbek im Hamburger Osten über den ICE, der an der Rowohlt-Stadt vorbei sprintet
taz: Seit gestern rauschen die ICEs mitten durch Ihre Stadt – ohne zu halten. Fühlen Sie sich links liegen gelassen?
Detlef Palm: Es ist natürlich schön, dass diese Strecke jetzt so schnell und attraktiv wird. Außerdem zieht sie hoffentlich viel Durchgangsverkehr aus Reinbek ab. Aber wir hätten uns mehr Halte in Hamburg-Bergedorf gewünscht.
Warum? Reichen drei Intercitys pro Tag nicht aus?
Das ist hier östlich von Hamburg ein Einzugsgebiet von etwa 250.000 Menschen, die nicht optimal angebunden sind. Wenn ich künftig die S-Bahn zum Hamburger Hauptbahnhof nehme und dort in den ICE nach Berlin umsteige, komme ich nach etwa 45 Minuten wieder durch Reinbek. Eine Dreiviertelstunde von Tür zu Tür. Ich befürchte, dass dann viele hier doch lieber mit dem Auto über die A 24 in die Hauptstadt fahren.
Ähnliche Klagen hört man aus Berlin-Spandau…
Ja, das ist vergleichbar. Ich kann den Ehrgeiz der Bahn gut nachvollziehen, auf dieser Prestigestrecke so flott wie möglich zu fahren. Ich fände es aber richtig, die Zwischenhalte an den Rändern der Metropolen aufzuwerten. Damit würde die Bahn sicherlich gut fahren, auch wenn es fünf Minuten länger dauert.
Waren die jahrelangen Bauarbeiten ein Problem?
Das ging eigentlich. Schlimmer ist, dass der Bahnhof weiterhin in seinem maroden 60er-Jahre-Look ein Bild des Jammers ist. Wir warten seit Jahren auf das Okay der Bahn zur Modernisierung. Auch ist der Fußgängertunnel zwischen Innenstadt und Südseite noch immer nicht gebaut. Das bedeutet Umwege für alle, die zum Beispiel ins Reinbeker Schloss wollen, wo täglich Veranstaltungen stattfinden.
Kann man das nicht mit Bahnchef Mehdorn klären?
Leider nicht. Wie viele andere Bürgermeister an der Strecke musste auch ich lernen, dass die Bahn aus sehr vielen Einzelgesellschaften besteht – eine für die Gleise, eine für die Bahnhöfe, eine für die Kioske, eine für die Immobilien und so weiter, und oben drüber sitzen der Vorstand und das Eisenbahn-Bundesamt. Und die gehen nicht immer, sagen wir mal, koordiniert vor. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit der Bahn recht gut gewesen.
Interview: Sven-Michael Veit