: Krieg um den Kopf des Theaters oder: Was der Weser-Kurier nicht druckt
Das Bremer Theater sieht sich einem Zangenangriff ausgesetzt: In dem Moment, in dem die Politik weitere Sparmaßnahmen fordert, beginnt der Weser-Kurier eine Debatte über die Qualität der teuersten Sparte, der Oper. Der Intendant des Theaters wehrt sich – der Weser-Kurier-Feuilleton-Chef fordert seinen Kopf
Bremen taz ■ Der Intendant des Theaters liegt mit dem fast monopolistisch agierenden Blatt am Ort über Kreuz. In einem Text, der mit der Nachricht einer drohenden siebenstelligen Kürzung begann, schrieb Weser-Kurier-Feuilleton-Chef Arnulf Marzluf den Satz: „Das Niveau der Oper ist seit Jahren sukzessive gesunken.“ Das musste wie ein Fingerzeig verstanden werden. Als Intendant Klaus Pierwoß ankündigte, dass er sich mit einer Pressekonferenz wehren wolle, musste er sich vom Kritiker anhören: „Wenn Sie das machen, ist Krieg zwischen uns.“ Pierwoß ließ sich die Pressekonferenz nicht verbieten, er warf öffentlich die Frage auf, „ob der Weser-Kurier als mehr oder weniger Monopol den Widerspruch zulassen wird?“
Die Antwort kam postwendend: Der angegriffene Marzluf „berichtete“ selbst über die Kritik an sich und seinem Text. Und suchte unverdächtige Kronzeugen für den kurzen Schluss von seiner Meinung über die Qualität der Oper auf drohende Kürzungen – die vermeintliche Stimme des Volkes: „Wie kommen Eltern, deren Kinder in maroden Schulmauern lernen müssen, von denen der Putz fällt, dazu, für Kultur zu bezahlen, deren Produktionen sie für absolut verzichtbar halten? Hier schlagen Missverhältnisse in offizielle Kulturpolitik um.“
Eine kontroverse Ansicht über die Qualität der Oper und den Kurzschluss zu den Kürzungsdrohungen sucht man im Weser-Kurier seitdem vergebens. Der Feuilleton-Chef zielte auf den „Geist“ – offensichtlich den Kopf des Intendanten: „Es hapert an der Geschlossenheit der Leistungen, für die immer auch der Geist eines ganzen Hauses steht.“ (Marzluf) So ist das im Krieg.
Theater-Intendant Pierwoß organisierte am Sonntag eine Diskussionsveranstaltung, überregional renommierte Kritiker wie Frieder Reinighaus waren da. Der Weser-Kurier berichtete nicht. Nimmt man so den Freunden des Theaters den Verdacht, dass hier eine „Kampagne“ stattfindet?
Nicht einmal im Leserforum des Weser-Kuriers scheint eine Dokumentation abweichender Ansichten mehr möglich. Ungeliebte Leserbriefe wurden schlicht nicht gedruckt. Am Sonntag hingen sie am schwarzen Brett im Foyer des Opernhauses aus. Die taz will sie hier dokumentieren, zusammen mit der Position des Theaterkritikers Frieder Reininghaus – auch als Beitrag zur inneren Pressefreiheit, die dem Weser-Kurier offenbar in diesem Falle abgeht. Klaus Wolschner
Die ungekürzten Briefe stehen unter www.mehr-dazu.de.