: Immer auf Nummer Sicher
Es gibt mehrere Modelle, um gegen die ganz persönliche Zukunftsangst anzugehen. Wählen Sie, welcher der vier Sicherheitstypen für Sie in Frage kommt
1. Das Schummel-Modell „Geheimkonto“
So geht’s: Sie haben 15.000 Euro gespart oder geerbt. Doch die Sorge, was passiert, wenn Sie Ihre Arbeit verlieren, niemals wieder eine neue Stelle bekommen und im Alter auf Sozialhilfe landen, treibt Sie um. Deswegen haben Sie Ihr kleines Vermögen in die Schweiz oder nach Österreich getragen und dort ein kleines Konto eröffnet. Wenn Sie nun tatsächlich im Alter von Stütze leben müssen, können Sie wenigstens ab und an von Ihrem Geheimkonto ein paar Scheinchen abheben und damit eine Flugreise nach Bali oder ein neues Aquarellset bezahlen – ohne dass Ihnen das Geld auf die Sozialhilfe angerechnet wird.
Bewertung: Das Modell „Geheimkonto“ ist nur für schlecht bezahlte AkademikerInnen mit Absturzängsten geeignet. Aber seien Sie vorsichtig: Erzählen Sie Ihrem Lebensabschnittsgefährten nichts von dem Geheimkonto, denn schon so mancher Verlassene hat später den oder die Ex bei den Sozialbehörden angeschwärzt.
2. Das Spar-Modell „Aldi“
So geht’s: Sie beziehen Ihre innere Sicherheit daraus, dass Sie mit wenig Geld auskommen können und tragen immer ein Zen-Koan auf den Lippen. Sie wissen, wo es die beste markenlose Halbfettmargarine gibt und dass man angesäuerte Milch mit Backpulver retten kann. Ihr Sozialdesign ist konsumarm, Sie haben es von der türkischen Großfamilie im 2. Stock abgeguckt: Die Leute gehen nie in Restaurants, sondern laden immer Bekannte zum Essen ein, im Zweifelsfall zum gemeinsamen Fernsehen.
Bewertung: Das Modell „Aldi“ funktioniert nur, so lange Sie genug FreundInnen haben, die genauso billig leben wie Sie. Bei aller Sparsamkeit brauchen Sie dennoch ein paar Wahlmöglichkeiten – und sei es nur mal die Wahl zwischen einem Luxuskäse von Butter Lindner oder den Avocados vom Wochenmarkt. Vorsicht vor hohen Schulden!
3. Das klassische Modell „Ärmelschoner“
So geht’s: Sie haben den kündigungsgeschützten Job im öffentlichen Dienst oder einem Großunternehmen ergattert und können sich jetzt schon Ihre Altersbezüge ausrechnen, wenn Sie den Chef nicht irgendwann mal offen beleidigen oder Mitarbeiter sexuell belästigen sollten. Ihr Vater erzählt überall stolz herum, dass Sie „eine gute Stellung“ haben und den üblichen Beförderungen nichts im Weg stehe, „wenn der Junge keine silbernen Löffel klaut“.
Bewertung: Ihre Stelle gibt Ihnen nur scheinbar Sicherheit. Die Furcht, Ihr Arbeitgeber müsse irgendwann mal ganz doll einsparen und damit leider auch Sie, verlässt Sie nicht. Manchmal verspüren Sie außerdem den wilden Wunsch, auszusteigen und was ganz Neues zu probieren. Leute wie Sie fangen irgendwann mal einen Risikosport an, etwa Paragliding. Zum Ausgleich.
4. Das Schäm-Modell „Großerbe“
So geht’s: Sie haben bereits eine Erbvorauszahlung bekommen und in einigen Jahren noch ein paar hunderttausend Euro Nachlass zu erwarten. Am PC haben Sie diverse Kurven entwickelt und festgestellt, dass Sie eigentlich nicht mehr arbeiten müssten. Trotzdem ackern Sie weiter, und Ihr Chef wundert sich, dass Sie schon seit Jahren mit dem gleichen Gehalt zufrieden sind.
Bewertung: Sie stecken in einem Wechselbad aus heimlichem Überlegenheitsgefühl und Minderwertigkeitskomplex. Hören Sie auf mit der Selbstbespiegelung: Beenden Sie die Langzeittherapie bei Ihrem privat bezahlten Psychotalker. Spenden Sie stattdessen. Setzen Sie sich für eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ein und denken Sie daran, dass auch Sie morgen schwerkrank werden können. Denn die Welt ist bekanntlich nicht gerecht. BARBARA DRIBBUSCH