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Archiv-Artikel

Tiefbauarbeiten im Kunstmuseum

Im Essener Museum Folkwang gibt es ein wenig zeitgenössische Kunst zwischen Cézanne-Megaevent und Art-Store-Kette. Die Ausstellungsreihe „Einsiedler-Vorübergehend“ wird beendet, der Kurator verläßt das Haus

Tiefbau-Arbeiten. Der assoziative Titel der neuen zeitgenössischen Ausstellung im oberen Stock des Essener Museum Folkwang reflektiert auf Walter Benjamins Buch „Einbahnstraße“. Den Abschluss der Ausstellungsreihe „Einsiedler-Vorübergehend“ bilden die speziell realisierten Installationen des französischen Künstlers Saadane Afif und seines ukrainischen Kollegen Alexej Meschtschanow.

Afif installierte eine runde hölzerne Gitarre ohne Hals hoch an der Wand, in der über einen Vox-Röhrenverstärker eine Uhr endlos tickt (Blue Time, 2004) Auf einem niedrigen Podest steht die Arbeit „Everyday...“, 2004. Sie besteht aus einem zwei Monats-Stapel Tageszeitungen. Eine Aluminiumwand mit holografischer Bedeckung reflektiert die Szenerie. Der französische Künstler erforscht die inneren Vorstellungen seiner Installationen, die imaginäre Eigenschaften eines Raumes thematisieren.

Meschtschanow ist im zweiten Raum mit zehn C-Prints und einer Skulptur vertreten. Großformatige Arbeiten, die an hochkopierte Kinderzeichnungen mit einem blauem Kugelschreiber erinnern. Bevölkert werden sie von einer Welt aus Insekten, die menschliche Verhaltensweisen angenommen haben. Raupen sind die Piraten, die bei „Ufer, 2004“ am Ufer landen und gefährlich mit den Schwerten drohen. Kontrast zu der hölzernen Wiege, die auf einem weißen Stahlrohrgestell mitten im Raum von Meschtschanow steht.

Der Kunstmarkt zwingt heute junge Künstlerinnen und Künstler zu einer ständigen Medienpräsenz. Die stehe oft im Widerspruch zu einer Konzentration, die für die künstlerische Weiterentwicklung notwendig sei, sagt Necmi Sönmez, Kurator für zeitgenössische Kunst am Folkwang. Die Arbeiten dieser Ausstellung konnten wenigstens in einer vorübergehenden Klausur entstehen. Für Sönmez ist es seine letzte Ausstellungsvermittlung in Essen. Die Räume werden in Zukunft wohl für weitere Ausstellungs-Megaevents benutzt. Denn die bringen Zuschauer und die bringen Euros. So viele, dass auch das Museum Folkwang jetzt einen Artstore der Kölner Buchhandelskette König besitzt. Welchen Stellenwert zeitgenössische Kunst gegen große Namen der Kunstgeschichte hat? Unten bei Cézanne brummte der Laden, die „Tiefbauarbeiten“ waren kunstfreundefrei. PETER ORTMANN

bis 23.01.2005