: Gefräßiges Federvieh
GÄNSEPLAGE Nonnengänse fressen Bauern auf der Halbinsel Eiderstedt neuerdings die Felder leer. Warum das so ist, weiß niemand genau. Erste Bauern haben bereits das Handtuch geworfen
Sie landen, um zu fressen: Zehntausende Gänse futtern sich im Frühjahr auf der nordfriesischen Halbinsel Eiderstedt die Energie für den strapaziösen Weiterflug ins Eismeer an. Während die Ringelgans, die vorwiegend auf den Halligen kampiert, allerdings zur Touristenattraktion geworden ist, klagen die Bauern auf dem Festland zunehmend über die Nonnengans. „Die Rinder müssen auf die Weide, aber ausgerechnet jetzt, in der Hauptwachstumszeit, ist auf den Wiesen alles hin“, berichtet der Landwirt Junge Hans von Ahnen zum Beispiel dem Hamburger Abendblatt. Ein anderer Bauer ist sogar umgezogen – er erhielt auf Landeskosten einen neuen Hof weiter weg von den Deichen und den Gänsen.
Das Fraß-Problem beschäftigt international die Experten: Im dänischen Ribe und in Hamburg gab es bereits Konferenzen zum „Gänsemanagement“. Tatsächlich sei die Lage für die Bauern schwieriger geworden, bestätigt Hermann Hötker, Leiter des Michael-Otto-Instituts des Naturschutzbundes (NABU) in Bergenhusen. „Nachdem die Gänse fast an den Rand des Aussterbens gedrängt wurden, ist ihre Zahl wieder ein wenig gestiegen.“
Gravierender sei aber, dass die Tiere später weiterflögen – Mitte Mai statt Ende April. Der Grund ist unklar: „Am Klimawandel liegt es wohl nicht, denn wenn es in den Brutgebieten früher warm wird, könnten die Gänse eher dorthin fliegen.“ „Vielleicht“, meint der Vogel-Experte, „laden die gut gedüngten Wiesen auf Eiderstedt einfach dazu ein, länger zu bleiben.“ – Eine Halbinsel wie ein großer Schnellimbiss.
Falsch sei das Argument der Bauern, die Ausweitung des Nationalparks Wattenmeer sei Ursache des Weidefraßes: „Nonnengänse haben immer Süßwasserwiesen vorgezogen.“ Einig sind sich Landwirte, Naturschützer und Politik darin, dass es Hilfen für die betroffenen Bauern geben soll. Zum „Gänsemanagement“ zählt, die Tiere auf einigen Wiesen ruhig fressen zu lassen und anderswo zu „vergrämen“. Außerdem erhalten Landwirte bereits heute Geld, wenn sie Flächen bereitstellen.
Optimal klappt das alles noch nicht – ein „strategischer, langfristiger, internationaler Ansatz“ müsse her, hieß es auf der Konferenz in Ribe. „Man darf die Last nicht Einzelnen aufbürden, aber die Gänse sind ein Teil der Natur, mit dem sich die Landwirte auseinander setzen müssen“, sagt Hötker. „Sie profitieren ja im Gegenzug vom guten Boden der Marsch.“ ESTHER GEISSLINGER