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Archiv-Artikel

Senator a.D. Thomas Franke gestorben

Der streitbare Sozialdemokrat und langjährige Wissenschafts-, Kultur- und Bildungssenator Horst-Werner („Thomas“) Franke ist gestorben. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik 1990 war der alte Senator gefürchtet als Kolumnist der Bremer taz

Im Alter von 72 Jahren ist am Montag der frühere Bildungssenator Horst Werner („Thomas“) Franke nach langer Krankheit gestorben. Franke war von Beruf Gymnasiallehrer gewesen. 1975 wurde er Senator für Wissenschaft und Kunst. 1983 übernahm er zusätzlich das Bildungsressort. Als er 1990 ausschied, war er der „dienstälteste“ Kultursenator der Republik.

„Horst Werner Franke war eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit“, lobte ihn gestern Bürgermeister Henning Scherf. „Lust, Verve, Temperament, Scharfzüngigkeit und seine rhetorische Kraft, mit der er sich in öffentliche Debatten einschaltete, sind legendär und unvergesslich.“

Franke kam als „Linker“ in der SPD 1967 mit einem kleinen Eklat in die Bürgerschaft – er organisierte einen Aufstand gegen die von der Mandatskommission des SPD-Apparates ausgemauschelte Liste, auf der sein Name fehlte, und setzte sich auf einem Parteitag erfolgreich durch. 1968 stand er bei den Bremer Straßenbahnunruhen auf der Straße.

Nachdem er 1983 in den Senat gekommen war, warfen viele seiner bisherigen innerparteilichen Anhänger ihm vor, dass er alte kämpferische Positionen aufgeben würde. Heftig umstritten damals in der SPD war zum Beispiel die von Franke verantwortete neue Ausrichtung der Universität, die er mit dem Ruf der „Roten Kaderschmiede“ übernommen hatte und die in seiner Zeit zu einer naturwissenschaftlich-technisch orientierten Hochschule umgebaut wurde.

Aufgrund der Prognose sinkender Schüler-Zahlen setzte er die Schließung verschiedener Schulen durch und musste sich über Jahre mit heftigen Protesten auseinander setzen. „Franke war ein Politiker, der immer mit offenem Visier für seine politischen Ziele eintrat und gerade, wenn seine politische Aufgabe unbequem war“, beschreibt sein Nachfolger Willi Lemke den Stil Frankes in den damaligen Auseinandersetzungen. Franke war dabei ein Verfechter der großen Schulzentren. In der Bildungspolitik hat Lemke heute eine weitreichende Kehrtwende eingeleitet.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zog Franke ins niedersächsische Windhorst um und nutzte seine guten Kontakte und seine Kenntnis des bremischen politischen Getriebes für scharfzüngige Kommentare – ausgerechnet die taz wurde sein Forum, zum großen Ärger vieler ehemaliger Senatskollegen. Er habe sich „mit spürbarem Vergnügen in politische Diskussionen eingemischt“, deutet Scherf das in seinem Nachruf an.

Nur einmal äußerte sich Franke in der taz, 2001, zum Umbau auf seinem alten Feld der Schulpolitik: „Bremen schwankt bildungspolitisch seit Jahren richtungslos dahin. Die bodenständige SPD dümpelt in den Koalitionen nicht nur bei der Bildungspolitik ideenlos. Die CDU hatte keinen großen Gegner niederzuringen bei ihrem konsequenten Weg zurück zum isolierten Einzelgymnasium. Es begann damit, dass Klaus Wedemeier als Ampel-Bürgermeister die Wiederherstellung von Einzelgymnasien zuließ. Ein bisschen Sündenfall konnte doch nicht schaden. Sein Bildungssenator Henning Scherf ging den Weg mit. (...) Den Weg zum Abitur nach zwölf Jahren hätten intakte Schulzentren meistern können. Jetzt scheint die Lage hoffnungslos. Die Doppelgleisigkeit, auf die die gegenwärtige Bildungspolitik hinausläuft, ist in Wahrheit das Ende der Schulzentren. Willi Lemkes Aufgabe wird es sein, möglichst elegant zu liquidieren. Ihm allerdings darf das nicht angelastet werden.“

Als im Januar 2003 um Kürzungen und den Vertrag mit dem Theater-Intendanten Klaus Pierwoß verhandelt wurde, richtete Franke in der taz einen Appell an den Senat: „Gemessen an den Summen, die ihr andernorts versenkt habt, geht es hier wirklich um Peanuts. Gebt Pierwoß den alten Vertrag.“

Franke verlangte vehement mehr Profil von seiner Partei, der SPD, und verknüpfte das Thema 1999 mit der Überlebensfrage des Stadtstaates: „Auf die Preisfrage, den Unterschied zwischen SPD und CDU zu benennen, können Bremer nur mit den Schultern zucken. Es gibt keinen. (...) Scherf versteht es meisterhaft, die Leere der bremischen Politik zu kaschieren. Durch ihn wird die Gefahr vermieden, dass durch Hohlköpfe das entpolitisierte System vollends diskreditiert wird. Der Grund für diesen Zustand liegt in der Wahnsinnsschuldenlast, die auf Bremen lastet. (...) Helfen könnte nur ein Wunder von außen. Ob Scherf und Perschau daran glauben? Oder igeln sie sich fatalistisch ein mit immer größerer Distanz zur Wirklichkeit? Eine Repolitisierung verlangte, diese Inselmentalität zu durchbrechen.“

Gestern ließ Scherf einen Nachruf verbreiten, in dem es heißt: „Seine Kommentare waren oft unbequem, brillant formuliert und gewürzt mit feiner Ironie. Sein scharfer Verstand und seine Lust an streitbarer Meinungsbildung haben die Politik bereichert. Er wird uns fehlen.“ Klaus Wolschner

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