„Das könnte für uns schädlich sein“

Der Bundesverband der Industrie (BDI) polemisiert gegen das geplante Informationsfreiheitsgesetz

taz: Frau Hintzen, der BDI ist gegen das im Entwurf vorliegende Informationsfreiheitsgesetz.

Sigrid Hintzen: Offiziell sind wir nie gefragt worden. Wir haben von uns aus mal ein Thesenpapier geschrieben, das die Meinung unserer Mitglieder zusammenfasste.

Komisch. Viele Abgeordnete sagen, es habe zwei große Bremser gegeben – den Bundesinnenminister und den BDI!

Wir haben den Grünen schon gesagt, dass wir das Gesetz nicht wollen. Und wir haben auch der SPD geschrieben. Aber wir wussten im Grunde ja gar nicht, was sie vorlegen. Der Entwurf ist ja jetzt erst bekannt geworden.

Ihre Hauptsorge ist die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen. Aber diese schließt das Gesetz doch nun auch aus.

Ja, aber Sie können gegen die Verweigerung eines Auskunftsanspruchs rechtlich vorgehen. Wenn erst einmal gerichtlich darüber gestritten werden muss, was nun Geschäftsgeheimnis ist und was nicht, wird ja doch im Detail diskutiert. Da können Sie dann ja gleich die Geschäftsgeheimnisse vor die Tür legen.

Die Landesgesetze zur Informationsfreiheit gehen in diesem Punkt weiter: Sie verlangen eine Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Schutzinteresse des Unternehmens. Sind Ihnen hier Fälle bekannt, in denen Unternehmen durch den Auskunftsanspruch geschädigt wurden?

Es wird ja immer gesagt, davon werde gar nicht so viel Gebrauch gemacht. Da fragen wir uns natürlich, warum muss man dann so einen riesigen Aufwand betreiben? Kosten, Nutzen und Effekt sind vielleicht gar nicht so bedeutsam, wie das von den Politikern dargestellt wird, die solche Gesetze haben wollen.

Noch mal: Gibt es Beispiele, wo Unternehmen nachvollziehbar durch so ein Gesetz geschädigt wurden?

Ich kann Ihnen das nicht beantworten. Ich weiß nur, dass die Unternehmen uns geschrieben und gesagt haben: Wir sind davon betroffen, das könnte für uns schädlich sein. Aber konkrete Fälle kann ich nicht weitergeben, selbst wenn ich sie hätte. Denn das liegt im Wesen des Geschäftsgeheimnisses.

Auch in den USA gibt es so ein Gesetz, ohne dass die Wirtschaft den Bach runtergeht.

Diese Vergleiche passen ja immer nur teilweise. Man muss nicht unbedingt alles haben, was andere Staaten haben.

Befürworter sagen, das Gesetz wirke gegen Korruption.

Man kann das behaupten. Aber ich kann da genauso gut die Gegenthese aufstellen. Ich glaube, man erwartet viel zu viel

Kommen wir zurück zum Aufwand: In zwei Jahren gab es in Schleswig-Holstein auf Landesebene 2.000 Anträge.

Das ist schon viel zu viel, finde ich. Das ist nach unser Einschätzung ein typischen Gesetz, das die Staatsquote erhöht und unterm Strich gar nicht so viel bringt. Außer dem an sich richtigen Ziel, Transparenz und Demokratie zu fördern.

Das wäre also schon auch für den BDI ein Ziel?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich sage ja nicht, Verwaltungen sollen im Dunkeln arbeiten. Oder: Es soll nicht bekannt werden, was Unternehmen machen. Aber es gibt doch schon so viel, was man ganz offiziell nachgucken kann. INTERVIEW: STG