: Janukowitsch klagt gegen Wahlergebnis
In der Ukraine verhindern Demonstranten eine Kabinettssitzung. Proteste auch in Weißrussland
KIEW/MINSK ap/afp ■ Mit vier Klagen gegen das Ergebnis der Präsidentenwahl in der Ukraine stemmt sich der unterlegene Kandidat Wiktor Janukowitsch gegen den Verlust der Regierungsmacht. Das Oberste Gericht der Ukraine will die Klagen gegen das Wahlergebnis prüfen, wie Gerichtssprecherin Liana Schljaposchnikowa mitteilte. Zuerst werde entschieden, ob die Beschwerden überhaupt zugelassen würden.
Janukowitsch macht geltend, dass 4,8 Millionen Wahlberechtigte, darunter viele Alte und Kranke, an der Stimmabgabe gehindert worden seien. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt Janukowitsch bei der Wiederholung der Stichwahl am Sonntag nur 44,2 Prozent, während der Reformkandidat Wiktor Juschtschenko die Wahl mit 52,0 Prozent gewann. Der scheidende Präsident Leonid Kutschma hat beide Kandidaten aufgefordert, das amtliche Ergebnis anzuerkennen.
Empört über das Vorgehen des prorussischen Politikers, blockierten Demonstranten in Kiew gestern erneut den Sitz der Regierung und verhinderten eine Kabinettssitzung unter Führung Janukowitschs. Nach einem Aufruf Juschtschenkos belagerten rund 1.000 Demonstranten die Eingänge zum Regierungssitz und stoppten alle Autos und Fußgänger. In Sprechchören forderten sie Ministerpräsident Janukowitsch zum Rücktritt auf. Die Aktion wurde beendet, nachdem Kabinettssprecherin Irina Lobanowa mitgeteilt hatte, dass die Sitzung abgesagt sei. „Wir haben nur eine Person blockiert: Wiktor Janukowitsch“, sagte der Abgeordnete Juri Luzenko von der Sozialistischen Partei, die bei der Wiederholung der Stichwahl am vergangenen Sonntag Juschtschenko unterstützte. Die Demonstranten hätten die Zusage erhalten, dass Janukowitsch das Regierungsgebäude weder gestern noch heute zu betreten versuche.
Das ukrainische Parlament hatte der Regierung Janukowitschs am 1. Dezember das Vertrauen entzogen. Danach hätte der Ministerpräsident beim Präsidenten seinen Rücktritt einreichen müssen, was bislang jedoch nicht geschehen ist. Nach der Verfassung kann eine Regierung die Amtsgeschäfte noch 60 Tage weiterführen, bis ein neues Kabinett eingesetzt ist. Janukowitschs Sprecher Oleksandr Ternawski bezeichnete den Aufruf Juschtschenkos zur Blockade als illegal.
Im benachbarten Weißrussland wurden nach einer Aktion in Anlehnung an die Proteste in der Ukraine rund ein Dutzend Oppositionelle festgenommen. Die Aktivisten hatten sich nach eigenen Angaben am Dienstagabend in der Hauptstadt Minsk mit orangefarbenen Neujahrs-Kostümen verkleidet und orange Bänder und Schals verteilt. Sie seien wenige Stunden nach ihrer Festnahme wieder freigelassen worden, berichtete Marina Bogdanowitsch, Vorsitzende der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei und eine der Demonstrantinnen. „Sie sagten, sie ließen uns gehen, weil sie uns ein Neujahrsgeschenk machen wollten. Wir hätten es vorgezogen, gar nicht festgenommen zu werden“, fügte Bogdanowitsch hinzu.