: Hartz-Demo muss ins Gebüsch
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich 2005 kaum, sagt die Arbeitsagentur voraus. Hartz-Gegner demonstrieren zur Behörde im Wedding, dürfen laut Gericht aber nur in nahen Park
VON RICHARD ROTHER
Im Jahr eins der Arbeitsmarktreform Hartz IV wird es auf Grund der schwachen Wirtschaftsaussichten keine Verbesserungen der Situation auf dem Berliner Arbeitsmarkt geben. Diese Prognose äußerte der Vorsitzende der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (BA), Rolf Seutemann, im Gespräch mit der taz. „In diesem Jahr werden wir ähnliche Verhältnisse am Arbeitsmarkt haben wie im vergangenen“, so Seutemann. Er sehe „keine entscheidende Verbesserung in der Beschäftigungssituation“. Die Probleme am Arbeitsmarkt ließen sich nur durch zusätzliche Beschäftigung in den Betrieben lösen. Hierzu reicht aber das prognostizierte Wirtschaftswachstum in Berlin und in Deutschland nicht aus.
Wenn sich die Betreuung der Arbeitssuchenden verbessere, könne man zufrieden sein, so Seutemann weiter. Auch müssten die Betroffenen schneller in Arbeit vermittelt werden. „Dann wäre im ersten Jahr der Reform schon viel gewonnen.“
Das Hartz-IV-Jahr beginnt allerdings zunächst so, wie das alte aufgehört hat: mit Protesten. Unter dem Motto „Agenturschluss“ wollen die Hartz-Gegner ab 10 Uhr auf dem Weddinger Leopoldplatz demonstrieren. Anschließend soll die Demonstration, zu der rund 500 Menschen erwartet werden, vor die Arbeitsagentur in der Müllerstraße führen.
Die Aktion war aber nur unter Auflagen genehmigt worden. Demnach dürfen die Demonstranten nicht vor die Behörde ziehen, sondern müssen sich in einem nahe gelegenen Park versammeln. Die Hartz-Gegner reichten gegen diese Auflage Klage ein. „Der Zusammenhang von Protest und Adressat muss sichtbar sein“, begründete der Anmelder der Demonstration, der FU-Professor Peter Grottian. Das Verwaltungsgericht wies die Klage gestern Nachmittag ab. Dies sei vorwiegend mit möglichen Beeinträchtigungen der Sicherheit begründet worden, so Grottian. „Die Demonstration findet aber statt.“ Ursprünglich hatten die Initiatoren gedroht, den Betrieb der Agentur lahm zu legen. Bereits am Wochenende hatten Unbekannte Farbbeutel gegen das Gebäude geworfen.
Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit Berlin unterstützte gestern in einer Erklärung den „Protest gegen das größte Verarmungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik“. Hartz IV werde nicht nur für die rund 270.000 Empfänger des Arbeitslosengeldes II gravierende Folgen haben. „Die Einführung von Ein-Euro-Jobs untergräbt das tarifliche Lohnsystem und beschleunigt den Abbau von regulären Jobs“, hieß es.
Unterdessen zerstreut die Regionaldirektion Ängste, dass Langzeitarbeitslose wegen einer Computerpanne bei der Bundesagentur für Arbeit vorerst ohne Geld auskommen müssen. Wer bis Montag keine Überweisung auf seinem Konto hat, erhalte eine Abschlagszahlung, sagte der Sprecher der Behörde, Olaf Möller. Spätestens bis Mittwoch oder Donnerstag hätten alle Arbeitslosengeld-II-Empfänger ihr Geld auf dem Konto.
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