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Archiv-Artikel

Massaker an Schweinen schockiert Ägypten

TIERQUÄLEREI Video zeigt brutales Töten von Schweinen. Islamische Gelehrte sehen die Scharia verletzt

KAIRO taz | Bisher fand das von der Regierung als Gegenmaßnahme zum H1N1-Virus verordnete Keulen der über 100.000 Schweine in Ägypten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das hat sich vor ein paar Tagen geändert. Da schickte die unabhängige Tageszeitung Masri Al-Youm eine Journalistin mit Videokamera los, um einen Schweinetransport vom Stall zu einer der in der Wüste bei Kairo ausgehobenen Grube zu filmen.

Das Ergebnis ist schockierend. Zu sehen sind Schweine, die um ihr Leben quieken und mit Vorderladern wie Zementsäcke von kleinen auf größere Lkw umgeladen werden. Viele der Tiere sind vom brutalen Umladen verletzt. Widersetzen sie sich, wird auf sie eingeprügelt. Zu Hunderten übereinandergeworfen sterben viele bereits beim Transport.

Die Tiere, die die Prozedur überleben, werden am Ende mit Chemikalien besprüht, woran sie nach Aussage eines Arbeiters innerhalb von einer halben Stunde sterben. Danach werden sie zusammen mit ungelöschtem Kalk in Gruben geworfen.

Das auf YouTube zu sehende Video alarmierte weltweit Tierschützer und löste in Ägypten eine Parlamentsdebatte aus. Islamische Rechtsgelehrte wie auch Veterinäre bezeichneten die Methode als Verletzung der Scharia – des islamischen Rechts. Scheich Salim Muhammad Salim, Chef des Fatwa-Komitees der islamischen Al-Azhar-Universität, erklärte, es sei im Islam strikt verboten, ein Tier so zu töten, selbst ein im Islam als unrein angesehenes Schwein.

Nichtregierungsorganisationen veranstalteten eine Mahnwache vor dem staatlichen Veterinärdienst und forderten, die Regierung solle die psychiatrische Behandlung aller Arbeiter bezahlen, die im Video auftauchen. Denn darin fielen nicht nur die Qualen der Tiere auf, sondern auch die Gelassenheit der Arbeiter bei ihrem brutalen Job. Ägyptens Ministerpräsident Ahmad Nazif ordnete inzwischen an, die Schweine einzeln zu schlachten und beim Transport keine brutalen Methoden anzuwenden. Die Regierung in Kairo hatte vergangenen Monat das Keulen aller Schweine im Land als Reaktion auf die Schweinegrippe angeordnet. Ägypten ist das einzige Land, das gegen den H1N1-Virus eine solche Maßnahme verfügt hat. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt dies „unwissenschaftlich“.

Dass die Schweinzüchter vor allem Mitglieder der christlich-koptischen Minderheit sind, birgt in dem mehrheitlich islamischen Land zusätzlichen Zündstoff. Bei dem Beschluss der Regierung, schreibt der prominente Kolumnist Salma Ahmad Salama, „handelt es sich wohl eher um menschliche Dummheit, als um eine Krankheit der Schweine“. KARIM EL-GAWHARY