Privater verdient mit 1-Euro-Job

Kölner Gewerkschaften wollen den Missbrauch von Arbeitslosen kontrollieren. Auch Lohndumping beim Hallenbau für die Kölnmesse stößt den Arbeitnehmervertretern auf

Köln taz ■ Der erste Fall von Missbrauch eines 1-Euro-Jobs im Großraum Köln wurde gestern auf dem Neujahrsempfang des DGB Köln bekannt. In Gummersbach habe ein kommerzielles Unternehmen für Krankentransporte einen ausgeschiedenen festangestellten Mitarbeiter durch einen Mann ersetzt, der bei einem Krankenhaus auf 1-Euro-Basis arbeitet und von diesem „weiterverliehen“ wurde. „Wir können darin nicht die für solche Jobs in Hartz IV festgeschriebene Gemeinnützigkeit erkennen“, so ein Gewerkschafter. Man werde den Fall überprüfen.

Wilhelm Schmitz, Geschäftsführer der Kölner IG Bau, fürchtet, dass vor allem das Handwerk Aufträge verliert, die jetzt von gemeinnützigen Organisationen durch 1-Euro-Jobber ausgeführt werden können. DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen hofft, dass dies in Köln durch ein Kontrollgremium aus Arbeitsagentur, Sozialamt und Gewerkschaften verhindert wird. „Besonders in wirtschaftsnahen Bereichen müssen wir aufpassen“, warnte er. Das Gremium, das Ende Februar erstmals tagt, soll Richtlinien für die Vergabe von 1-Euro-Jobs erarbeiten.

Angesichts der „boomenden Kölner Industrie“ sieht Uellenberg für den Arbeitsmarkt 2005 insgesamt eine leichte Entspannung voraus. Gesucht seien vor allem Facharbeiter im Alter von 30 bis 40 Jahren mit Berufserfahrung. Gleichzeitig warnte er die Wirtschaft, die Lohnspirale nicht weiter nach unten zu drehen: „Man darf eine Auszubildende nicht damit erpressen, dass sie nur dann übernommen wird, wenn sie für 1.500 Euro im Monat 40 Stunden in der Woche arbeitet.“

Auch Wittich Rossmann, Chef der Kölner IG Metall, rechnet mit einem Wirtschaftsaufschwung und verweist darauf, dass zwei Drittel aller größeren Firmen, darunter Deutz und Leybold, Millionenbeträge in neue Firmengebäude investiert hätten.

Nach seinen Angaben konnte die Kölner Metall- und Elektroindustrie im Vorjahr ihren Umsatz um fast 10 Prozent auf rund 12 Milliarden Euro steigern – und das mit 7,8 Prozent weniger Beschäftigten. Erkauft sei die Umsatzsteigerung mit Überstunden und teilweise 9-Stunden-Schichten. Dabei sei es seiner Gewerkschaft allerdings bis jetzt gelungen, über Arbeitszeitkonten die Tarifverträge im Wesentlichen einzuhalten.

Eine ähnlich positive Gesamtentwicklung für die Beschäftigten erhofft sich auch die IG Bergbau, Chemie und Energie. Allerdings steht die Schließung von Clouth Conti-Tech mit 130 Beschäftigten bevor. Vor zehn Jahren arbeiteten dort noch über 1.000 Menschen.

Dem vorsichtigen Optimismus seiner Kollegen kann sich IG Bau-Chef Schmitz nicht anschließen. In seiner Branche ist jeder Dritte arbeitslos. Schuld daran sei vor allem die Auftragsvergabe an osteuropäische Subunternehmen. Als Beispiel nannte er die Kölner Messe. Dort beschäftige die polnische „Polbau“ rund 200 Bauarbeiter unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststundenlohn von 7 Euro beim Bau der neuen Hallen. Bis zu 14 Stunden Arbeit am Tag seien üblich, oft genug würde vom Lohn Geld für angeblich „kaputtes Werkzeug“ abgezogen. Eine rechtliche Verfolgung der Missstände sei allerdings nicht nur wegen der Sprachprobleme schwierig, räumte Schmitz ein: „Die Arbeiter werden unter Druck gesetzt. Wer was sagt, fliegt!“ Jürgen Schön