: „Ich muss gestehen, dass mir das neu ist“
Schon 1992 war die Staatsanwaltschaft überrascht, dass die Polizei Brechmittel spritzt. Wirkungslose übrigens
Im April 1992 räumte Polizeipräsident Rolf Lüken ein, dass die Polizei zur Sicherung von Beweismitteln – in diesem Fall verschluckten Rauschgiftpäckchen – den Beschuldigten das Brechmittel Apomorphin spritzt. Die taz-Mitarbeiterin Birgitt Rambalski befragte dazu Generalstaatsanwalt Hans Janknecht.
taz: Wenn drei oder vier Polizeibeamte gesehen haben, dass der Beschuldigte Päckchen verschluckt hat, wäre das dann ein hinreichender Grund für die Apomorphin-Spritze?
Hans Janknecht: (...) Wenn erhebliche körperliche Gefahren damit verbunden sind, dann muss man sich fragen: Ist das wirklich die einzig zulässige und einzig gegebene Maßnahme, oder gibt es nicht andere Möglichkeiten, an die Beweismittel heranzukommen.
Abführmittel zum Beispiel?
Richtig.
Erfährt die Staatsanwaltschaft im Lauf eines Ermittlungsverfahrens von solchen Maßnahmen?
Ich muss gestehen, dass mir das neu ist. Ich habe das bisher in den vielen Akten, die ich gelesen habe, nicht gesehen. Ich kann das aber auch nicht völlig ausschließen.
Es müsste über die Akten bei der Staatsanwaltschaft landen.
Mir nicht bekannt. Ich hab solche ärztlichen Aufzeichnungen bisher nicht gesehen.
Und Aufzeichnungen über Magenspülungen?
Nein.
Werden Sie die drei Injektionsfälle, die die Polizei bestätigt hat, untersuchen lassen?
Natürlich. Die Staatsanwaltschaft hat ja Oberstaatsanwalt Stegelmann als Sonderdezernenten bestellt. Er wird das alles im Einzelnen untersuchen.
Fragen: Birgitt Rambalski
P.S.: Am 27.9.1993 verbreitete die Pressestelle der Polizei eine Mitteilung von Dr. med. K. H. Männche (Ärztlicher Dienst der Polizei), derzufolge „auch in Absprache mit dem Generalstaatsanwalt und im Hinblick auf die fehlende Wirksamkeit darauf (verzichtet werden soll, die Spitzen mit) Apomorphin zu verabreichen. Wir übernahmen ein Verfahren, das man zwischenzeitlich erfolgreich bei der Polizeibehörde in Frankfurt eingesetzt hatte: Die Verabreichung von Ipecacuanha-Sirup.“