: Rot-Grün sucht Durchblick bei Nebenjobs
Regierungsfraktionen wünschen sich für die beruflichen Aktivitäten der Parlamentarier mehr Transparenz, streiten aber um den Weg. Für Strafzahlungen bei verschwiegenen Einkünften ist keine Mehrheit in Sicht. Opposition lehnt schärfere Gesetze ab
AUS BERLIN DANIEL SCHULZ
Rot-Grün will Abgeordnete mit unsauberen Nebenjobs härter bestrafen. Nachdem fragwürdige Nebeneinkünfte bei Politikern quer durch die Parteien bekannt geworden sind, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz gestern der taz, man denke „über Geldstrafen und härtere strafrechtliche Konsequenzen“ nach. Auch die Vorsitzende des Innenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast, sagte, Rot Grün gehe „in Richtung Verschärfung“.
Dabei sollen die Strafen härter und soll mehr Zwang zur Offenheit ausgeübt werden. „Wir setzen auf Transparenz und Sanktionen“, sagte SPD-Fraktionsvize Michael Müller. Konkrete Ideen, wie die neue Offenherzigkeit durchzusetzen sei, hat Rot-Grün aber noch nicht. Die Art der geplanten Sanktionen habe man noch nicht festgelegt, sagten unisono die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Franz Müntefering und Krista Sager. Zuvor war die Klausurtagung der rot-grünen Bundestagsfraktionen im sachsen-anhaltischen Wörlitz zu Ende gegangen. Morgen werden sich Vertreter der Bundestagsfraktionen treffen, um neue Regeln für Nebeneinkünfte zu beraten.
Einige konkretere Vorschläge kursieren bei den Fraktionsspitzen bereits. In der SPD gibt es die Idee, dass sündige Parlamentarier die doppelte Summe ihrer verheimlichten Nebeneinkünfte und Gehälter ohne Gegenleistung an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse zahlen müssen. Wiefelspütz sagte der taz, eine Mehrheit für diesen Vorschlag sei in der SPD-Fraktion aber nicht sicher. Zudem könnten die Nebenjobs der Parlamentarier offensiver veröffentlicht werden, beispielweise in einer halbjährlichen Mitteilung des Bundestages und nicht wie bisher versteckt im Handbuch des Parlaments. Der grüne Innenexperte Volker Beck will, dass Abgeordnete bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln Teile ihrer Diäten zurückgeben.
Klar ist, dass Paragraf 108 e im Strafgesetzbuch geändert wird. In dem Paragrafen geht es um Politikerbestechung. Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums wird noch in diesem Monat beraten. Zu dem Entwurf wollte das Ministerium gestern keine Einzelheiten verraten. Bisher ahndet der von Experten als realitätsfremd eingestufte Paragraf nur den direkten Stimmenkauf, der allerdings praktisch nie nachweisbar ist.
Änderungen werde man auch gegen den Willen der Opposition durchsetzen, heißt es aus der SPD. „Das ist keine Drohung“, sagte Wiefelspütz, „aber wir haben eine Gestaltungsmehrheit im Bundestag.“ CDU und FDP haben sich bisher gegen ein Verschärfen der Regeln ausgesprochen. Unionsfraktionsvize Ronald Pofalla erklärte der Bildzeitung: „Wir haben strenge Regeln für Abgeordnete.“ Eine Änderung sei nicht nötig.
Die Liberalen lehnen eine Änderung ab, weil sie die meisten Freiberufler in ihren Reihen haben. Die wollen ihre Einkünfte nicht herzeigen, weil sie befürchten, dass solche Angaben Rückschlüsse auf die Wirtschaftskraft von ihnen geführter Firmen und Kanzleien zulassen. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Offenlegung würde eine Arbeit der Partei in den Parlamenten nahezu unmöglich machen.
Solche Einwände halten die Korruptionswächter von Transparency International für Unsinn. „Es ist wenig überzeugend, zu behaupten, das Veröffentlichen des Einkommens könne Aufschluss über die wirtschaftliche Kraft der Firmen der Abgeordneten geben“, sagt Jürgen Marten von Transparency der taz. „Sie sollen ja nicht ihre Wirtschaftsbilanz veröffentlichen.“