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Archiv-Artikel

Kampagne für Schulden

UNTERSCHRIFTENAKTION Die Ökonomen Bofinger und Horn warnen Politiker vor der Schuldenbremse

BERLIN taz | Die Regierung soll Schulden machen dürfen, um Investitionen in Bildung und andere Infrastruktur zu bezahlen. Diese Position vertreten der Wirtschaftsweise Peter Bofinger und der Konjunkturforscher Gustav Adolf Horn – zur Unterstützung ihres Anliegens haben sie eine Unterschriftenaktion gestartet. Den Bundestag fordern die beiden Ökonomen darin auf, nicht wie geplant am Freitag eine „Schuldenbremse“ zu beschließen.

SPD-Fraktionschef Peter Struck, Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) haben sich im Februar auf strenge Regeln für die maximale Staatsverschuldung geeinigt. Der Bund soll ab 2011 nur noch Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts aufnehmen dürfen, auf heutiger Basis etwa 9 Milliarden Euro pro Jahr. Die Bundesländer müssen ab 2020 ganz ohne neue Schulden auskommen. Es wird jedoch Ausnahmeregelungen geben, die jenseits dieser grundsätzlichen Einigung eine höhere Verschuldung ermöglichen. Die aufgenommenen Kredite soll der Staat im Verlauf eines Konjunkturzyklus – innerhalb von fünf bis acht Jahren – zurückzahlen.

Diese Regelungen lehnen Bofinger und Horn ab. Wenn die Möglichkeit zur Schuldenaufnahme so stark reduziert würde, nehme sich der Staat jegliche Handlungsmöglichkeit, argumentieren die Ökonomen. Horn, der das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie (IMK) leitet, hat die Folgen einer solchen Politik ausgerechnet. Seinen Daten zufolge hätte das deutsche Wirtschaftswachstum 2000 bis 2007 „bis zu 1,5 Prozent unter dem tatsächlichen Niveau“ gelegen, wäre die Schuldenbremse angewendet worden. Das hätte einen Verlust von bis zu 500.000 Arbeitsplätzen bedeutet.

Fraglich ist auch, ob die aktuellen Rettungspakete gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise mit einer Schuldenbremse zu finanzieren wären. Würde man die Regelung ernst nehmen, so müssten hunderte Milliarden Euro während des kommenden Aufschwungs zurückgezahlt werden – ein unrealistisches und schädliches Unterfangen.

Bofinger und Horn betonen, dass auch sie ein Interesse an stabilen Staatsfinanzen und möglichst geringer Verschuldung haben. Sie plädieren aber dafür, das Ziel der Konsolidierung der Staatsfinanzen nicht absolut zu setzen. HANNES KOCH