Kritik an Steuergeschenk für Unternehmen

FINANZKRISE Die große Koalition einigt sich auf eine befristete Entlastung im Umfang von 3 Milliarden Euro. Die Opposition ist empört, Steuerexperte Lorenz Jarass hält die Pläne für „absurd“ und schädlich

BERLIN taz/dpa | Mit zusätzlichen Milliardenentlastungen will die große Koalition die Unternehmen in der Wirtschaftskrise unterstützen. „Wir mussten jetzt vermeiden, dass wir Unternehmen durch unsere eigene Steuerpolitik in eine noch schwierigere Lage bringen“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Begründung.

Zu den Kernpunkten der Einigung zählen Hilfen für Mittelständler bei der Umsatzsteuer und ein höherer Freibetrag bei der Zinsschranke, die die Verschiebung von Gewinnen ins Ausland verhindern soll. Zudem können Verluste von übernommenen Firmen künftig wieder abgesetzt werden. Damit nimmt die Regierung Teile der erst 2008 in Kraft getretenen Unternehmensteuerreform zurück, mit der Steuerflucht durch Konzerne und Finanzinvestoren vermieden werden sollten. Die Änderungen kosten rund 3 Milliarden Euro und sollen auf zwei Jahre befristet sein.

Der Steuerexperte Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden übte scharfe Kritik an den Plänen. Es sei „absurd“, dass Verlustvorträge bei Firmenübernahmen jetzt wieder steuerlich abgesetzt werden können, sagte er der taz. „Das dient weder der Erhaltung von Arbeitsplätzen noch neuen Investitionen“, sagte Jarass. „Stattdessen werden dadurch Firmenverkäufer subventioniert und Finanzspekulanten begünstigt.“

Auch die Änderungen bei der Zinsschranke sieht der Steuerexperte kritisch: Deren Idee sei es gewesen, das Geschäftsmodell von Private Equity Fonds weniger attraktiv zu machen, so Jarass. „Durch die Erhöhung der Freigrenze wird die Übernahme und Zerschlagung von Firmen wieder interessanter.“

Kritik kommt auch von der Opposition: Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, sagte der taz, die „Aufweichung der Zinsschranke nach dem Gießkannenprinzip“ lehne er ab. Die Steuerexpertin der Linksfraktion, Barbara Höll, erklärte, die Pläne erleichterten Unternehmenskonzentration sowie „Steuervermeidung und Steuerhinterziehung“. MKR, KOCH

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